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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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IMPERIALE SOUVERÄNITÄT 201<br />

ihrem Hoheitsgebiet gemacht haben (Fukuyama 1992). <strong>Die</strong> Geschichte der<br />

imperialistischen, interimperialistischen und antiimperialistischen Kriege ist<br />

vorüber. Das Ende dieser Geschichte kündet von der Herrschaft des Friedens.<br />

Genauer gesagt sind wir in das Zeitalter der kleinen und inneren Konflikte<br />

eingetreten. Jeder imperiale Krieg ist ein Bürgerkrieg, eine Polizeiaktion<br />

­ von Los Angeles und Granada bis nach Mogadischu und Sarajewo.<br />

Und so verliert sich denn auch die einst strikte Aufgabentrennung zwischen<br />

äußerem und innerem Arm der Macht (zwischen Armee und Polizei, zwischen<br />

CIA und FBI) immer mehr im Vagen und Unbestimmten.<br />

In unserem Zusammenhang bedeutet das Ende der Geschichte, auf das<br />

sich Fukuyama bezieht, das Ende der Krise, die im Mittelpunkt der Moderne<br />

stand, des durchgängigen und bestimmenden Konflikts, der Begründung und<br />

raison d'etre moderner Souveränität war. <strong>Die</strong> Geschichte ist nur dann zu<br />

Ende, wenn man sie mit hegelianischen Augen betrachtet: nämlich als<br />

Bewegung aufgrund dialektischer Widersprüche, als ein Spiel absoluter<br />

Negationen und Subsumtionen. <strong>Die</strong> binären Strukturen, von denen der moderne<br />

Konflikt bestimmt war, verschwimmen zusehends. Der Andere, von<br />

dem sich ein modernes souveränes Ich abgrenzen könnte, ist fragmentiert<br />

und nicht mehr genau zu bestimmen, und ein Außen, das den Ort der Souveränität<br />

bestimmen kann, gibt es nicht mehr. <strong>Die</strong>ses Außen war es, das der<br />

Krise ihre Kohärenz verschaffte. Heute tun sich die Ideologen der Vereinigten<br />

Staaten unheimlich schwer, einen einzelnen, einheitlichen Feind zu<br />

benennen; statt dessen scheint es überall kleine und schwer bestimmbare<br />

Feinde zu geben. Das Ende der Krise der Moderne hat zu einer Ausbreitung<br />

kleiner und unbestimmter Krisen oder, wie wir sagen würden, zu einer<br />

Omni-Krise geführt.<br />

Wir sollten uns an dieser Stelle daran erinnern (und werden diesen Punkt<br />

in Abschnitt ULI weiter verfolgen), dass der kapitalistische Markt eine der<br />

Maschinen ist, die stets gegen jegliche Trennung zwischen Innen und Außen<br />

angerannt sind. Er wird von Grenzen und Ausschluss behindert und<br />

bemüht sich stattdessen darum, immer weitere Bereiche in seine Sphäre<br />

einzubinden. Profite lassen sich nur durch Kontakt, Vereinbarung, Austausch<br />

und Handel erzielen. <strong>Die</strong> Verwirklichung des Weltmarkts wäre das<br />

erstrebte Ziel dieser Tendenz. In seiner idealen Gestalt gibt es im Weltmarkt<br />

kein Außen: Er umspannt den gesamten Globus. 33 Wir könnten somit den<br />

Weltmarkt als Modell verwenden, um die imperiale Souveränität zu begreifen.<br />

Michel Foucault sah im Panoptikum das Diagramm moderner Macht<br />

(vgl. Deleuze 1992, 52­63); vielleicht könnte der Weltmarkt in ähnlicher

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