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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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WELTORDNUNG 33<br />

Universelle Werte<br />

Soll man, so wäre jetzt zu fragen, den juridischen Begriff »Recht« in diesem<br />

Kontext überhaupt weiterhin verwenden? Wie kann man eine Reihe von<br />

Techniken Recht nennen (und besonders imperiales Recht), die auf einem<br />

permanenten Ausnahmezustand und auf der Polizeimacht gründen, Techniken,<br />

die Recht und Gesetz auf Fragen reiner Effektivität reduzieren? Um<br />

diese Fragen zu beantworten, müssen wir uns den Prozess imperialer Konstitution,<br />

dessen Zeugen wir heute werden, genauer betrachten. Gleich zu<br />

Beginn muss betont werden, dass die Wirklichkeit des Konstitutionsprozesses<br />

nicht nur die von ihm ausgehenden Veränderungen im internationalen<br />

Recht bestätigt, sondern ebenso die Veränderungen im Zivil- und Verwaltungsrecht<br />

einzelner Gesellschaften und Nationalstaaten, oder besser im<br />

Recht der kosmopolitischen Gesellschaft. 12 Der Konstitutionsprozess des<br />

<strong>Empire</strong> tendiert gegenwärtig dazu, durch die Veränderungen des supranationalen<br />

Rechts die innere Gesetzgebung von Nationalstaaten direkt oder<br />

indirekt zu durchdringen und neu zu gestalten. Supranationales Recht überdeterminiert<br />

in diesem Sinn die nationale Gesetzgebung.<br />

Das bezeichnendste Symptom dieser Veränderung ist vermutlich die<br />

Entwicklung des so genannten Interventionsrechts (vgl. Kanter/Brooks<br />

1994; Lyons/Mastanduno 1995; Bettati 1995; Bernard 1995). Gemeinhin<br />

versteht man darunter das Recht oder die Pflicht herrschender Subjekte der<br />

<strong>Weltordnung</strong>, auf dem Territorium anderer Subjekte zu intervenieren, um<br />

humanitäre Probleme zu verhindern oder zu lösen, die Einhaltung von Abkommen<br />

zu garantieren oder Frieden zu schaffen. Das Interventionsrecht ist<br />

ein prominenter Posten unter den Instrumenten, die die Vereinten Nationen<br />

aufgrund ihrer Charta besitzen, um die internationale Ordnung aufrechtzuerhalten;<br />

die gegenwärtige Neuordnung des Interventionsrechts aber stellt<br />

einen qualitativen Sprung dar. Einzelne Nationalstaaten oder die supranationale<br />

Macht (der Vereinten Nationen) intervenieren nicht mehr nur, wie<br />

zu Zeiten der alten internationalen Ordnung, um die Einhaltung freiwillig<br />

geschlossener internationaler Verträge zu sichern oder durchzusetzen. Supranationale<br />

Subjekte, die nicht durch Rechtsbestimmungen, sondern durch<br />

Konsens legitimiert sind, intervenieren heute im Namen irgendeines Notstands<br />

und aufgrund höherer ethischer Prinzipien. Hinter der Intervention<br />

steht nicht einfach ein permanenter Notstand und Ausnahmezustand, sondern<br />

ein permanenter Notstand und Ausnahmezustand, der unter Berufung

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