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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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DISZIPLIN UND REGIERBARKEIT 269<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse und die Produktionsverhältnisse unterschiedlich,<br />

ebenso die Übergangsprozesse, und auch die Form der daraus<br />

resultierenden kapitalistischen Produktionsverhältnisse und vor allem der<br />

Reproduktionsverhältnisse unterschied sich je nach dem spezifischen kulturellen<br />

und historischen Hintergrund.<br />

Ungeachtet dieser wichtigen Differenzierungen ist es sinnvoll, bei den<br />

ursprünglichen Akkumulationsprozessen der Moderne zwei allgemeine Modelle<br />

zu unterscheiden, die es erlauben, das Verhältnis von Reichtum und<br />

Kommando sowie von Innen und Außen zu beleuchten. In beiden Fällen<br />

setzt die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals Reichtum und Kommando<br />

neu zusammen. Was das erste Modell auszeichnet, das Marx für England<br />

beschrieb und das allgemein für Europa als ganzes stehen kann, ist, dass<br />

der <strong>neue</strong> Reichtum, auf den sich die ursprüngliche Akkumulation stützt, von<br />

außen kommt (aus den Kolonialgebieten) und dass das Kommando sich im<br />

Innern ausbildet (durch die Entwicklung der Produktionsverhältnisse in<br />

England und Europa). Im zweiten Modell, das die meisten Prozesse ursprünglicher<br />

Akkumulation außerhalb Europas kennzeichnet, verhält es<br />

sich umgekehrt, das heißt, dass der <strong>neue</strong> Reichtum sich im Innern entwikkelt<br />

und das Kommando von außen kommt (gewöhnlich ist es europäisches<br />

Kapital). <strong>Die</strong> Inversion von Reichtum/Kommando und Innen/Außen in beiden<br />

Modellen führt weltweit zu einer ganzen Reihe von Unterschieden in<br />

den ökonomischen, politischen und sozialen Formationen des Kapitals.<br />

Viele dieser Unterschiede beschrieb die Theorie der Unterentwicklung als<br />

Unterschiede zwischen kapitalistischen Formationen im Zentrum und in der<br />

Peripherie (vgl. Frank 1969; Amin 1974).<br />

Im Übergang von der Moderne zur Postmoderne setzen sich die Prozesse<br />

ursprünglicher Akkumulation fort. Ursprüngliche Akkumulation ist kein<br />

Vorgang, der sich einmal ereignet und damit erledigt wäre; kapitalistische<br />

Produktionsverhältnisse und gesellschaftliche Klassen müssen vielmehr<br />

fortwährend reproduziert werden. Verändert haben sich aber das Modell<br />

und der Modus der ursprünglichen Akkumulation. Zunächst hat die Bedeutung<br />

des Spiels zwischen Innen und Außen, das die beiden Modelle in der<br />

Moderne unterschied, abgenommen. Wichtiger noch ist, dass die Art der<br />

akkumulierten Arbeit und des akkumulierten Reichtums Veränderungen<br />

unterliegt. In der Postmoderne ist der akkumulierte gesellschaftliche<br />

Reichtum zunehmend immateriell; er umfasst etwa soziale Verhältnisse,<br />

Kommunikationszusammenhänge, Netzwerke der Information und Affekte.<br />

Entsprechend wird auch die gesellschaftliche Arbeit immateriell; sie produ-

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