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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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NETZWERK-MACHT: DIE SOUVERÄNITÄT DER USA 193<br />

zungsorgane wie auch zu einer Verringerung des Widerstands gegen deren<br />

Arbeit. In Abschnitt 1.1 haben wir daraufhingewiesen, dass die Ausweitung<br />

dieser verschiedenen internationalen Organe und deren Konsolidierung in<br />

einer Reihe symbiotischer Beziehungen - als ob das eine Organ sozusagen<br />

das andere um die eigene Legitimation bitten würde - über die Vorstellung<br />

eines auf Vertrag und Verhandlung gründenden internationalen Rechts hinaus<br />

ging und stattdessen auf eine zentrale Autorität bezogen war, auf einen<br />

legitimen supranationalen Motor rechtlichen Handelns. Der objektive Prozess<br />

bekam damit ein subjektives Gesicht. <strong>Die</strong> großen internationalen Institutionen,<br />

die auf der beschränkten Grundlage von Verhandlungen und<br />

Abkommen entstanden waren, führten zu einer Ausweitung der Organe und<br />

Akteure, die nunmehr so handelten, als gäbe es eine zentrale Autorität<br />

rechtlicher Sanktionierung.<br />

Nach dem Ende des Kalten Kriegs sollten die USA diesen komplexen<br />

Entstehungsprozess einer <strong>neue</strong>n internationalen Rechtsordnung sichern und<br />

ihr Rechtswirksamkeit verleihen. So wie die römischen Senatoren im ersten<br />

Jahrhundert n. Chr. Augustus baten, im Interesse des Gemeinwohls die kaiserliche<br />

Regierungsmacht zu übernehmen, so bitten heute die internationalen<br />

Organisationen (UNO, internationale Finanzorganisationen, aber auch<br />

humanitäre Organisationen) die USA, die zentrale Rolle in einer <strong>neue</strong>n<br />

<strong>Weltordnung</strong> zu übernehmen. In allen regionalen Konflikten am Ende des<br />

20. Jahrhunderts, von Haiti bis zum Persischen Golf, von Somalia bis Bosnien,<br />

bat man die USA, militärisch zu intervenieren - und dabei handelt es<br />

sich um wirkliche und substanzielle Bitten, nicht um bloße öffentlichkeitswirksame<br />

Bekundungen, die dazu dienen, den Widerstand in den USA gegen<br />

solche Einsätze zu verringern. Selbst wenn sie nicht wollten, müssten<br />

die US-Militärs diesem Ruf im Namen von Frieden und Ordnung folgen.<br />

Darin liegt vermutlich eines der zentralen Charakteristika des <strong>Empire</strong>: Es<br />

residiert in einem weltweiten Kontext, der es fortwährend zu <strong>neue</strong>m Leben<br />

erweckt. <strong>Die</strong> Vereinigten Staaten sind der Friedenspolizist, aber nur in<br />

letzter Instanz, wenn die supranationalen Friedensorganisationen Handlungsbedarf<br />

anmelden und es vielfältige rechtliche und organisationelle<br />

Initiativen zu koordinieren gilt.<br />

Es gibt viele Gründe dafür, dass die Vereinigten Staaten bei der <strong>neue</strong>n<br />

globalen Ausbildung imperialer Autorität eine Sonderstellung einnehmen.<br />

Es lässt sich zum Teil mit der Kontinuität der amerikanischen Rolle (vor<br />

allem der militärischen) erklären: <strong>Die</strong> zentrale Gestalt im Kampf gegen die<br />

UdSSR wird nun zur zentralen Figur in der aufs Neue vereinten Weltord-

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