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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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88 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

Menschheit historisch, technisch und politisch bestimmt. Und genau aus<br />

dem Grund, weil es keine Vermittlung von außen mehr geben kann, präsentiert<br />

sich das Singuläre als die Menge.<br />

<strong>Die</strong> Anfänge der Moderne waren revolutionär, und die alte Ordnung<br />

wurde damit zu Fall gebracht. <strong>Die</strong> Entstehung der Moderne war nicht Ergebnis<br />

weltfremder Theorie, sondern die theoretischen Überlegungen waren<br />

unauflöslich an die Veränderungen in der Praxis und der Wirklichkeit gebunden.<br />

Körper und Geist erfuhren eine grundlegende Neubestimmung.<br />

<strong>Die</strong>ser historische Prozess der Subjektivierung war in dem Sinne revolutionär,<br />

als er für die Lebensweise der Menge einen paradigmatischen und unumkehrbaren<br />

Wandel bedeutete.<br />

Moderne als Krise<br />

Moderne ist kein einheitlicher Begriff, sondern sie erscheint in mindestens<br />

zwei Spielarten. Zum ersten ist sie, wie wir bereits gezeigt haben, ein radikaler<br />

revolutionärer Prozess. <strong>Die</strong>se Moderne kappt ihre Verbindungen zur<br />

Vergangenheit und erklärt die Immanenz zum <strong>neue</strong>n Paradigma für Welt<br />

und Leben. Sie entwickelt Erkenntnis und Handeln in Form des wissenschaftlichen<br />

Experiments und schlägt die Richtung hin zu einer demokratischen<br />

Politik ein, indem sie den Menschen und sein Begehren in den Mittelpunkt<br />

der Geschichte rückt. Vom Handwerker bis zum Astronomen, vom<br />

Kaufmann bis zum Politiker, in der Kunst wie in der Religion - überall<br />

wird die materielle Seite der Existenz durch ein neuartiges Leben reformiert.<br />

<strong>Die</strong>se neuartige Entwicklung führte jedoch zugleich zu einem Krieg.<br />

Denn eine solch radikale Umwälzung musste zwangsläufig starke Gegenkräfte<br />

auf den Plan rufen. Eine solche Revolution musste geradezu eine<br />

Gegenrevolution heraufbeschwören. Und es kam in der Tat zu einer solchen<br />

Gegenrevolution im wahrsten Sinne des Wortes: zu einer kulturellen, philosophischen,<br />

gesellschaftlichen und politischen Initiative, die (da sie weder<br />

einfach zur Vergangenheit zurückkehren noch die <strong>neue</strong>n Kräfte zerstören<br />

konnte) die entstehenden Bewegungen und deren Dynamik zu beherrschen<br />

und für ihre Zwecke auszunutzen suchte. Damit sind wir bei der zweiten<br />

Spielart der Moderne: Sie entstand, um gegen die <strong>neue</strong>n Kräfte Krieg zu<br />

führen und zu deren Beherrschung eine übergreifende Macht zu installieren.<br />

Sie entstand im Zuge der Renaissance-Revolution und veränderte deren

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