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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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WIDERSTAND, KRISE, TRANSFORMATION 277<br />

Den Beginn der zweiten Phase der Krise könnte man auf den 17. August<br />

1971 datieren, als Präsident Richard Nixon den Dollar vom Goldstandard<br />

trennte, die Währung de jure nicht konvertibel machte und eine zehnprozentige<br />

Einfuhrsteuer auf alle Importe aus Europa in die USA einführte<br />

(vgl. Calleo/Rowland 1973, 87-117; Coffey 1974, 25-42). <strong>Die</strong> gesamte Verschuldung<br />

der USA wurde nach Europa verschoben. <strong>Die</strong>se Vorgehensweise<br />

konnte nur aufgrund der ökonomischen und politischen Macht der USA<br />

erfolgreich sein; die Vereinigten Staaten erinnerten die Europäer damit an<br />

die Geschäftsgrundlage, die ihnen die Hegemonie an der Spitze von Ausbeutung<br />

und kapitalistischem Kommando zusicherte.<br />

In den 1970er Jahren wurde die Krise notorisch und strukturell. Das System<br />

politischer und ökonomischer Gleichgewichte, das in Bretton Woods<br />

eingeführt worden war, geriet in völlige Unordnung. Übrig blieb nur die<br />

nackte Tatsache der US-Hegemonie. <strong>Die</strong> sich auflösende Wirksamkeit der<br />

Mechanismen von Bretton Woods und die Zerstörung des monetären Systems<br />

des Fordismus in den dominanten Ländern machten klar, dass die<br />

Neuformierung eines internationalen kapitalistischen Systems die völlige<br />

Restrukturierung ökonomischer Beziehungen und einen Paradigmenwechsel<br />

in der Bestimmung weltweiten Kommandos voraussetzen muss. Doch<br />

auch aus der Perspektive des Kapitals stellt eine solche Krise nicht immer<br />

ein ganz negatives und unwillkommenes Ereignis dar. Marx vertritt die<br />

These, dass das Kapital tatsächlich ein fundamentales Interesse an der Krise<br />

habe, in der es seine umwälzende Macht zeigt. Demgegenüber sind individuelle<br />

Kapitalisten konservativ, Sie konzentrieren sich darauf, kurzfristig<br />

den eigenen Profit zu maximieren, auch wenn das langfristig für das Gesamtkapital<br />

ruinös wird. <strong>Die</strong> ökonomische Krise kann solche Hindernisse<br />

aus dem Weg räumen, unprofitable Sektoren zerstören, die Produktionsorganisation<br />

restrukturieren und technologisch er<strong>neue</strong>rn. Mit anderen Worten:<br />

<strong>Die</strong> ökonomische Krise kann eine Umwälzung vorantreiben, die erneut eine<br />

hohe allgemeine Profitrate mit sich bringt; sie gibt ihre Antwort genau auf<br />

dem Feäd, das die Angriffe der Arbeiterkämpfe umgrenzen. <strong>Die</strong> allgemeine<br />

Entwertung des Kapitals und das Bemühen, die Organisierung der Arbeiter<br />

zu zerstören, dienen dazu, die Krise der Substanz nach - also das Ungleichgewicht<br />

von Zirkulation und Überproduktion - in einen <strong>neue</strong>ingerichteten<br />

Kommandoapparat zu verwandeln, der Ausbeutung und Entwicklung wieder<br />

ins Verhältnis setzt.<br />

Angesichts der Kämpfe in den 1960er und 70er Jahren, ihrer Intensität<br />

und der Art, wie sie sich aufeinander bezogen, standen dem Kapital zwei

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