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Hardt_Michael_Negri_Antonio_Empire_Die_neue_Weltordnung_German

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DISZIPLIN UND REGIERBARKEIT 263<br />

sie, dass ihre wichtigste Aufgabe nicht war, in die Moderne einzutreten,<br />

sondern die Moderne zu verlassen.<br />

Auf dem Weg zu einem <strong>neue</strong>n globalen Paradigma<br />

In der ökonomischen und politischen <strong>Weltordnung</strong> fand ein Paradigmenwechsel<br />

statt. Ein wichtiges Moment dieses Übergangs war die Tatsache,<br />

dass der Weltmarkt als Hierarchie- und Kommandostruktur an Bedeutung<br />

gewann und in allen Bereichen und Regionen, in denen die alten Imperialismen<br />

früher operiert hatten, entscheidend wurde. Der Weltmarkt rückte in<br />

die Rolle des entscheidenden Elements in einem Dispositiv, das in der Lage<br />

war, Netzwerke der Zirkulation im Weltmaßstab zu regulieren. <strong>Die</strong>se Einheit<br />

existierte noch immer nur auf formaler Ebene. Prozesse, die sich auf<br />

dem Konfliktfeld der Befreiungskämpfe und einer expandierenden Kapitalzirkulation<br />

entwickelten, waren nicht notwendigerweise oder unmittelbar<br />

kompatibel mit den <strong>neue</strong>n Strukturen des Weltmarkts. <strong>Die</strong> Integration vollzog<br />

sich ungleichmäßig und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. In<br />

verschiedenen Regionen, und häufig auch innerhalb ein und derselben Region,<br />

existierten unterschiedliche Arbeits- und Produktionsweisen nebeneinander,<br />

ebenso unterschiedliche Regimes der gesellschaftlichen Reproduktion.<br />

Was als die zentrale Achse zur Restrukturierung der Produktion<br />

weltweit erschienen sein mag, wurde in tausend einzelne Bruchstücke zerschlagen,<br />

und den Prozess der Vereinheitlichung erfuhr man überall als<br />

einzigartig. Statt eindimensional zu sein, war der Restrukturierungs- und<br />

Konzentrationsprozess des Kommandos über die Produktion ein Explodieren<br />

unzähliger verschiedener produktiver Systeme. Der Prozess, die Einheil<br />

des Weltmarkts herzustellen, vollzog sich durch Vielfalt und Streuung,<br />

doch er war in seiner Ausrichtung nichtsdestoweniger klar.<br />

<strong>Die</strong> Tendenz zur Einheit des Weltmarkts hat mehrere bedeutende Auswirkungen.<br />

Zum einen produzierte die Disziplin, die als Modell, den Arbeitsprozess<br />

zu organisieren, und als Disziplinargeseilschaft von den dominanten<br />

Ländern ausstrahlte, in der übrigen Welt als merkwürdige Folge eine<br />

Nähe, die jene gleichzeitig näher brachte und in einem Ghetto isolierte. Das<br />

heißt, dass Befreiungskämpfe »siegreich« erschienen und dennoch in ein<br />

Ghetto des Weltmarkts gerieten - Ghettos mit unbestimmten Grenzen,<br />

Hüttensiedlungen, Favelas. Zum anderen fanden sich große Bevölkerungsteile<br />

durch diese Prozesse unter Bedingungen wieder, die man »Lohn-

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