altijsckb - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
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23 Zur Erinnerung an Heinrich Kruse.<br />
Ich hab' ihn stets geachtet und bewun<strong>der</strong>t,<br />
Ich habe nie gelitten, daß man ihn<br />
In meiner Gegenwart Betrüger nannte.<br />
Das war er nicht. Er glaubte an sich selbst —<br />
Vielleicht mit Recht; doch das weiß Gott allein.<br />
Der Athem geht mir aus — ich kann nicht mehr,<br />
Herzschlag, so nennt Ihr meine Krankheit, Arzt?<br />
Mein Herz hat bis zuletzt geschlagen<br />
Für England und sein Volk — —<br />
Der Erzbischof von Canterbury spricht zum Beschluß über des<br />
Monarchen Leichnam gebeugt:<br />
Er war ein Mensch und hatte seine Fehler,<br />
Doch war <strong>der</strong> größte aller Könige,<br />
Die Heinrich hießen bis an diesen Tag.<br />
Weshalb William Shakespeare in seinen König Heinrich-Dramen<br />
ihn, den Bedeutendsten jenes Namens, nicht verherrlichte, bleibt eine offene<br />
Frage; Lord Bacon hat ihm als Geschichtsschreiber das schönste Denkmal<br />
gesetzt. Wäre nun, wie man will, Bacon mit Shakespeare identisch, dann<br />
dürfte es billig Wun<strong>der</strong> nehmen, daß er nicht auch als Dichter gleichermaßen<br />
die Schicksale dieses Königs dramatisirt hat, die ja recht eigentlich<br />
dazu herausfor<strong>der</strong>n, wie sie denn auch bald hernach Ford dazu einluden.<br />
Bacon, wenn Shakespeare, hätte ihn in doppelter Gestalt auf die Nachwelt<br />
gebracht, als Helden einer ergreifenden Tragödie, nicht nur einer<br />
interessanten Historie. Darauf beruht ja im Wesentlichen die Beweisführung<br />
<strong>der</strong> Baconisten, vor allen Bormanns, daß Lord Bacon von<br />
Verulam einmal wissenschaftlich als Chronist, Gelehrter, Philosoph unter<br />
seinem wahren Namen seine unvergleichlichen Werke herausgab, zum<br />
an<strong>der</strong>en dieselben unter dem erdichteten Shakespeares dramatisch bearbeitete.<br />
Warum unterließ er dies Verfahren bei König Heinrich dem Siebenten?<br />
Warum behandelte er ihn blos, und zwar unübertrefflich, in einer geschichtlichen<br />
Prosa-Darstellung?<br />
Diese diente auch unserem Kruse als Quelle, wenigstens als vornehmlichste.<br />
Es war ein glücklicher Griff. Den poetischen Gehalt, <strong>der</strong> in<br />
Bacons Geschichtswerke so offenkundig liegt, den aber Bacon, weil nicht<br />
Shakespeare, ungehoben ließ, hat neben John Ford Heinrich Kruse vor<br />
allen übrigen am besten herausgefunden, herausgefühlt und zu einem<br />
schönen, erschütternden Trauerspiel umgeschaffen.<br />
Es ist das letzte dieser Art, welches er uns bescheert hat in<br />
ungeschwächter Kraft <strong>der</strong> Komposition und Durchführung <strong>der</strong> Charaktere.<br />
Auch Kruse's Diktion zeigt noch die alten Vorzüge: pruntlos, edel und