KLIBB - Herausforderung Klimawandel
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Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf Biotope Baden-Württembergs 143<br />
Auswirkungen einer längeren Vegetationszeit<br />
Die Verlängerung der Vegetationszeit (Grünland-Temperatursumme, siehe Kap. 5.1.2.2) kann<br />
unterschiedlich von den Pflanzen „wahrgenommen“ werden. Inwieweit diese klimatische Veränderung<br />
nur eine Verschiebung innerhalb des Jahres oder aber eine tatsächliche Verlängerung<br />
der Vegetationszeit bedeutet hängt von weiteren Faktoren ab. Manche Arten wie Geophyten<br />
werden nur die Vegetationszeit vorverlegen, andere möglicherweise durch die längere Vegetationszeit<br />
neue Habitate erschließen. Auch Wasserhaushalt und Physiologie spielen eine wichtige<br />
Rolle.<br />
Bei vielen - möglicherweise sogar allen - Pflanzen werden die jährlich wiederkehrenden phänologischen<br />
Ereignisse wie Blattentfaltung und Blüte im Frühling durch das Zusammenspiel von<br />
Temperatur und Tageslänge gesteuert. Nach MENZEL (2006) gibt dabei die Tageslänge einen<br />
zeitlichen Rahmen vor, innerhalb dessen die Pflanze auf die Temperatursignale reagiert. Somit ist<br />
davon auszugehen, dass die Temperaturerhöhung der letzten Jahrzehnte und die zukünftig zu<br />
erwartende Temperaturerhöhung die Eintrittszeitpunkte phänologischer Phasen (z. B. Apfelblüte)<br />
verschieben. Diese Zeitpunkte werden in vielen Regionen seit langer Zeit von interessierten<br />
Laien und Wissenschaftlern dokumentiert. In einem Forschungsprojekt zur Etablierung einer<br />
europäischen phänologischen Datenbasis wurden 125.000 phänologische Zeitreihen aus 17 europäischen<br />
Ländern ausgewertet (MENZEL et al. 2006). Danach haben sich beispielsweise Blattentfaltung<br />
und Blüte zwischen 1971 und 2000 um 2,5 Tage pro Dekade verfrüht. Die Vegetationsperiode<br />
verlängerte sich damit seit Beginn der 1960er Jahre um circa 11 Tage (MENZEL &<br />
FABIAN 1999). Andere Studien (PARMESAN & YOHE 2003, ROOT et al. 2003) berechneten<br />
Werte für die Vorverlegung des Frühlingsbeginns zwischen 2,3 und 5,1 Tage pro Jahrzehnt. Da<br />
sich durch die höheren Temperaturen gleichzeitig auch der Herbstbeginn verschiebt, ist zukünftig<br />
insgesamt von deutlich längeren potenziellen Vegetationszeiten auszugehen. Es ist allerdings<br />
fraglich, ob und wie diese Zeiten von den verschiedenen Pflanzenarten genutzt werden können.<br />
Welche Auswirkungen noch höhere Temperaturen auf die Phänologie der Pflanzen haben werden,<br />
kann derzeit kaum abgeschätzt werden. Sicher werden die einzelnen Arten unterschiedlich<br />
reagieren und auch die genetische Variabilität von Populationen einer Art spielt hier eine große<br />
Rolle. Es ist aber damit zu rechnen, dass es zu erheblichen Umbrüchen im Konkurrenzgefüge<br />
kommen wird. Ein weiteres Problem ist die Desynchronisierung von Entwicklungsphasen: Das<br />
Funktionieren der meisten Lebensgemeinschaften beruht auch auf einer Anpassung der Lebens-<br />
/Aktivitätsphasen von Tieren und Pflanzen. Wenn einzelne Glieder dieses Funktionsgefüges ausscheren,<br />
so kann das ganze System durcheinander geraten: Beispielsweise, wenn bei einem verfrühten<br />
Blühbeginn noch keine entsprechenden Bestäuber präsent sein können. Da von den<br />
meisten Arten praktisch nicht bekannt ist, wie sie auf die Klimaveränderungen reagieren werden,<br />
sind konkrete verallgemeinerbare Aussagen hierzu nicht möglich.<br />
Weitere Einflüsse<br />
Neben den bereits mehrfach angesprochenen Veränderungen Temperaturerhöhung und Niederschlagsverlagerung<br />
beinhalten <strong>Klimawandel</strong>prognosen stets auch eine Zunahme von Extremereignissen<br />
wie Stürmen, Starkniederschlägen oder Dürren, überwiegend bedingt durch höhere<br />
latente Energie in der Atmosphäre. Nach EULENSTEIN & GLEMNITZ (2008) stellt in Mitteleuropa<br />
das prognostizierte vermehrte Auftreten von Extremereignissen das größte Problem des