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KLIBB - Herausforderung Klimawandel

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Auswirkungen des <strong>Klimawandel</strong>s auf Biotope Baden-Württembergs 165<br />

gebieten (GÜNTHER 1971, DÖRING-MEDERAKE 1992, KAZDA et al. 1992) gefährdend<br />

wirkten, könnten Erlenbrüche in naher Zukunft durch Wasserhaushaltsänderungen (siehe<br />

Kap. 5.3.2) infolge zunehmend (sommer-)trockenen Klimas bedroht werden.<br />

Die Schwarzerle (Alnus glutinosa) stellt hohe Ansprüche an die Wasserversorgung ihres Standortes<br />

und ist relativ anfällig gegenüber Trockenheit (GÜNTHER 1971), andererseits erträgt sie Staunässe<br />

sowie zeitweise Überflutung sehr gut (SEBALD et al. 1993, LFU 2002). Älteren Erlen fehlt<br />

anscheinend die Fähigkeit, sich physiologisch auf zunehmend trockenere Standortsbedingungen,<br />

beispielsweise durch eine Grundwasserabsenkung, einzustellen (GÜNTHER 1971). Es kommt in<br />

diesen Fällen deshalb zum Absterben der Erlen 28 . Erlenbrüche finden sich in Mitteleuropa typischerweise<br />

meist am Rand von Auen, in den Verlandungszonen von Stillgewässern und - wie im<br />

Beispiel des Erlenbruchs Lichtel - in Stauwasser führenden Geländesenken. Hier bedingt lateral<br />

zuströmendes Grund- und Bodenwasser lang anhaltende staunasse Phasen mit mittleren Grundwasserständen<br />

zwischen 0 und 50 cm unter Flur (KAZDA et al. 1992). Die Schwankungen des<br />

Wasserspiegels betragen selten mehr als 1 m (ELLENBERG 1986) und Phasen vollständiger<br />

Austrocknung fehlen (SCHÖNERT 1994). Kaum eine andere einheimische Baumart erträgt diese<br />

Standortbedingungen dauerhaft und auch die Schwarzerle bildet unter solchen Bedingungen<br />

meist nur lichte Bestände aus (WILMANNS 1998).<br />

Entwässerung, Grundwasserabsenkung und häufige Austrocknung führen zur Mineralisierung<br />

des Erlenbruchwaldtorfs, höheren Nährstoffumsätzen und Eutrophierung (siehe Kap. 6.1.5.2),<br />

das Moor wandelt sich von der Stoffsenke zur Stoffquelle (SUCCOW 2001), denn es werden<br />

nicht nur der zuvor gebundene Stickstoff und Phosphor freigesetzt, sondern verstärkt auch klimarelevante<br />

Gase wie Kohlendioxid und Lachgas (FREEMAN et al. 1993). Da im Erlenbruch<br />

durch die Wurzelsymbionten der Schwarzerle in erheblichem Maß atmosphärischer Stickstoff im<br />

Boden akkumuliert wird, verläuft hier die Torfumsetzung schneller als in weniger nährstoffreichen<br />

Niedermooren (KAZDA et al. 1992). Die Mineralisierung löst darüber hinaus auch einen<br />

Versauerungsschub aus, weil durch Oxidation von Ammonium und reduziertem Eisen oder<br />

Magnesium sowie Eisensulfit H+-Ionen in erheblichem Umfang freigesetzt werden (KAZDA<br />

et al. 1992). Hierdurch werden die Standortbedingungen zusätzlich verändert. Bei nur einem<br />

Zentimeter Torfabbau pro Jahr werden nach KAZDA et al. (1992) in einem Erlenbruchwald<br />

circa 700 kg N/ha/a freigesetzt, was auch zu extremen Grundwasserbelastungen durch Nitrat<br />

führen kann. Dieser Aspekt ist allerdings im Fall des NSG Lichtel weniger gravierend, weil es<br />

sich flächenmäßig nur um eine sehr kleine Emissionsquelle handelt. Schwerer wiegt, dass durch<br />

die intensive Torfmineralisation und zunehmende Bioturbation durch einwandernde und sich<br />

ausbreitende Bodentiere die ursprüngliche Torflagerung weitgehend zerstört werden könnte und<br />

damit ein überregional bedeutendes repräsentatives landschafts- und waldgeschichtliches Dokument<br />

(RP STUTTGART 2002) verloren ginge (siehe Kap. 6.1.5.2).<br />

Die mit der Austrocknung verbundenen Prozesse würden die Standortbedingungen im Erlenbruch<br />

gravierend verändern, was nicht ohne Auswirkungen auf die Vegetation des Naturschutzgebietes<br />

bliebe. KAZDA et al. (1992) und PRETZELL & REIF (1999) 29 weisen nach Grundwasserabsenkungen<br />

von Nitrophyten wie Urtica dioica - Brennnessel-Schwarzerlen-Wald (PRET-<br />

28 Die Tatsache, dass Schwarzerlen sehr wohl auf deutlich trockeneren Standorten - wie anthropogen bei der<br />

Rekultivierung auf Halden oder Deponien - als in der Natur gedeihen können, führt GÜNTHER (1971) darauf<br />

zurück, dass junge Pflanzen sich sehr viel besser an die herrschenden Standortbedingungen anpassen können.<br />

29 Von PRETZELL & REIF (1999) wurde eine Degradationsklassifizierung für Erlenbrüche entwickelt.

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