Untitled - European Borderlands
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K o r n é l i a D e r e s - D a b e i h a t V a t e r - N a h m e r m i t - D i e J u n g s - W i e e i n S p ü r h u n d - N u r d e r P u t z - G e i s t e r - D a s F e s t<br />
Die Jungs<br />
Die Jungs umzingeln das Glashaus<br />
und leuchten herein.<br />
Vergebens schauen sie, der viele Atem<br />
hier ist kondensiert,<br />
hat sich verdichtet.<br />
Das Haus presst mich langsam aus sich heraus.<br />
Ich hatte nie Glück mit den Jungs<br />
und jetzt möchte ich mich vor ihren<br />
Scheinwerfern verstecken.<br />
Sie rufen Verschiedenes,<br />
was ich dann ins Glas ritzen kann.<br />
Jemand hier verschluckt das Licht.<br />
Vielleicht der, der auf Vaters Stuhl sitzt,<br />
wobei er schon seit Jahren nicht mehr hineinpasst.<br />
Wegen ihm wird das Haus grün,<br />
als überwucherten es Algen,<br />
glitschig, geräuschlos.<br />
Von innen beobachte ich<br />
die Linie der Risse,<br />
ich sehe nicht, wohin sie führt.<br />
Bin ich aber sehr<br />
still, so kann ich erraten,<br />
wie lange es dauert<br />
bis die Jungs durch<br />
das dichte Glas sehen,<br />
ganz hin bis zum Stuhl.<br />
Wie ein Spürhund<br />
Früher versprach er jeden Tag,<br />
mir einen Hund zu schenken, den wir<br />
gemeinsam ausführen könnten.<br />
Dann fragte ich mich, wie lange eine<br />
Beziehung vom schlechten Gewissen handeln kann.<br />
Es genügte schon,<br />
wenn er mich ausführen würde,<br />
zwischen den Hügeln gibt es angeblich<br />
viele Drachen,<br />
aus ihrem Feuer wird Glas gemacht.<br />
Wir könnten sie einzeln einfangen,<br />
man erkennt sie<br />
an ihrem Flaschengrün.<br />
Aber vielleicht ist diese Liebe auch so.<br />
Halbfertig wie ein Spürhund.<br />
30<br />
Nur der Putz<br />
Mutter weint. Sie empfindet ihre Haut als alt.<br />
Dabei hat sie nie geraucht.<br />
Sie sagt, sie schäle sich<br />
und jede Nacht hafteten<br />
metergroße Stücke an ihrem Bettlaken.<br />
Und am Morgen beruhigt sie sich damit,<br />
es sei nur der Putz, der bröckele.<br />
Ich rauche und trotzdem<br />
kann ich ihn nicht zusammenkehren<br />
und ihr zurückgeben.<br />
***<br />
Mutter ist alt. Ihre Haut weint.<br />
Das Schälen zeichnet seltsame<br />
Formen auf ihren<br />
Rücken.<br />
Man erkennt, welche neuer sind,<br />
denn die alten haben einen weicheren<br />
Rand und sind innen schmutzig.<br />
Die Formen sind aktiv,<br />
ziehen sich regelmäßig zusammen<br />
und breiten sich dann wieder aus.<br />
Es schmerzt selten.<br />
Geister<br />
Vater trinkt Bitteres, daher die Tränen.<br />
So sondert er abends<br />
Dunkel und Weiß ab.<br />
Dann sehe ich ihn nicht gerne an,<br />
wenn wir ihm jedoch Zucker in die Augen streuen,<br />
müssen wir uns nicht mehr<br />
vor bösen Geistern fürchten.<br />
Die Stimmen des Wartens<br />
bleiben für den Tag, denn im Licht<br />
klingt alles viel klarer.<br />
Dann denken wir nicht mehr<br />
an die Nacht,<br />
spülen die Gläser,<br />
um später auf etwas<br />
zurückgreifen zu können.<br />
Am Nachmittag kehrt die<br />
Bitterkeit langsam in sein Gesicht zurück,<br />
weil die Entzündung in seinem Herz<br />
den gesamten Zucker aufsaugt.<br />
Irgendwann wird sich Vaters Gesicht aufklären<br />
und es wird keinen Unterschied mehr<br />
zwischen Nachmittag und Abend geben.