12.01.2013 Aufrufe

Anhang - Institut für Zeitgeschichte

Anhang - Institut für Zeitgeschichte

Anhang - Institut für Zeitgeschichte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 467<br />

der Verwaltungen gewesen 30 . (Auflösung und Ausgrenzung der Antifa-Bewegung<br />

fanden zur selben Zeit allerdings auch in den westlichen Besatzungszonen statt 31 .)<br />

Unterdessen hatten führende Mitglieder der Initiativgruppen in den meisten großen<br />

Städten Schlüsselpositionen in der Verwaltung besetzt. Dazu gehörten die<br />

Dezernate <strong>für</strong> Personalfragen und Volksbildung sowie die Leitung der Polizei. Als<br />

Bürgermeister wurden dagegen häufig bürgerliche Demokraten eingesetzt, während<br />

die übrigen Fachressorts in den Bereichen Soziales, Wirtschaft und Verkehr vielfach<br />

verwaltungserfahrenen Sozialdemokraten überlassen blieben.<br />

In Berlin setzte die Initiativgruppe Ulbricht bis zum 9. Mai in allen Stadtbezirken<br />

Bürgermeister und Verwaltungen ein. Die politischen Kriterien bei der Auswahl<br />

dieser Kräfte - vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten, aber auch parteilose<br />

Antifaschisten - wurden von Walter Ulbricht wie folgt formuliert 32 : l. „Die Bezirksverwaltungen<br />

müssen politisch richtig zusammengestellt werden. Kommunisten<br />

als Bürgermeister können wir nicht gebrauchen, höchstens im Wedding und<br />

in Friedrichshain. Die Bürgermeister sollen in den Arbeiterbezirken in der Regel<br />

Sozialdemokraten sein. In den bürgerlichen Vierteln - Zehlendorf, Wilmersdorf,<br />

Charlottenburg usw. - müssen wir an die Spitze einen bürgerlichen Mann stellen,<br />

einen, der früher dem Zentrum, der Demokratischen oder Deutschen Volkspartei<br />

angehört hat. Am besten, wenn er ein Doktor ist; er muß aber gleichzeitig<br />

auchAntifaschistseinundeinMann,mitdemwirgutzusammenarbeitenkönnen."<br />

2. „Für den stellvertretenden Bürgermeister, <strong>für</strong> Ernährung, <strong>für</strong> Wirtschaft und<br />

Soziales sowie <strong>für</strong> Verkehr nehmen wir am besten Sozialdemokraten, die verstehen<br />

was von Kommunalpolitik. Für Gesundheitswesen antifaschistisch eingestellte Ärzte,<br />

<strong>für</strong> Post und Verbindungswesen parteilose Spezialisten, die etwas davon verstehen.<br />

Jedenfalls müssen zahlenmäßig mindestens die Hälfte aller Funktionen mit Bürgerlichen<br />

oder Sozialdemokraten besetzt werden."<br />

3. „Der erste stellvertretende Bürgermeister, der Dezernent <strong>für</strong> Personalfragen und<br />

der Dezernent <strong>für</strong> Volksbildung - das müssen unsere Leute sein. Dann müßt ihr<br />

noch einen ganz zuverlässigen Genossen in jedem Bezirk ausfindig machen, den wir<br />

<strong>für</strong> den Aufbau der Polizei brauchen."<br />

Diese Direktiven sind eine Illustration der Strategie, daß alles demokratisch aussehen<br />

solle, die Kommunisten jedoch „alles in der Hand" haben müßten (Ulbricht) 33 .<br />

Der Aufbau der Selbstverwaltungen auf den Bezirksebenen sah so aus: An der<br />

30 Vgl. Günter Benser, Antifa-Ausschüsse-Staatsorgane-Parteiorganisation. Überlegungen zu Ausmaß<br />

und Rolle der antifaschistischen Bewegung am Ende des zweiten Weltkrieges, in: Zeitschrift<br />

<strong>für</strong> Geschichtswissenschaft, H. 9, 1978, S. 785-802, v. a. S. 793.<br />

31 Vgl. Niethammer, Arbeiterinitiative, S. 12.<br />

32 Zit. nach Wolfgang Leonhard, Revolution, S. 231 f. Leonhard, als Kind von deutschen Emigranten<br />

in der Sowjetunion politisch erzogen und <strong>für</strong> seinen Einsatz in Deutschland ausgebildet, war Mitglied<br />

der Walter Ulbricht unterstehenden Initiativgruppe (vgl. seine Biographie in: Biographisches<br />

Handbuch der deutschsprachigen Emigration. Bd. I, München u. a. 1980).<br />

33 Wolfgang Leonhard, „Es muß demokratisch aussehen ..." Vor 20 Jahren begann die „Gruppe Ulbricht"<br />

ihre Arbeit - Legende und Wirklichkeit, in: Die Zeit, Nr. 19,7. Mai 1965, S. 32.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!