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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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Literatur 517<br />

Charakter gemäß in ruhiger Überlegung zu untersuchen und zu interpretieren. Das ist zumindest<br />

die Methode, derer ich mich hinsichtlich der Weimarer Republik, vor allem der zentralen<br />

Phase von 1924-1929, befleißigen möchte - was mich keineswegs daran hindert, das in Rechnung<br />

zu stellen, was man im „Jargon" französischer Historiker mit „forces profondes" und<br />

„longue durée" bezeichnet; doch diese dürfen das eigene Profil der Jahre 1924-1929 nicht<br />

verwischen. Seien wir ebenso offen wie Peter Krüger: Das Fehlen von Bezügen zur Bundesrepublik<br />

wäre seiner meisterhaften Geschichte der Außenpolitik der Weimarer Republik wissenschaftlich<br />

keineswegs abträglich gewesen.<br />

Bessere Quellen als die, die Peter Krüger benutzte, kann man sich nicht vorstellen: die<br />

Dokumente des Auswärtigen Amts und der Reichskanzlei. In der Tat wurde die Außenpolitik<br />

Deutschlands in den Jahren 1919 bis 1932 (in einem Einflußverhältnis, das durchaus variierte)<br />

von der Reichskanzlei und dem Auswärtigen Amt definiert. Von großer Bedeutung ist eine<br />

neue Quelle, die Peter Krüger als erster benutzt hat: der Nachlaß Carl von Schuberts. In<br />

Anbetracht der Rolle, die dieser unter Stresemann bei der Durchführung der deutschen Politik<br />

von 1924 bis 1929 spielte, ist die Auswertung dieser Quelle außerordentlich bereichernd:<br />

Darin liegt die große Originalität der Arbeit Krügers. Doch die Originalität dieses dokumentarischen<br />

Reichtums birgt auch Gefahren: Die persönlichen Ideen von Schubert (Verhandlungen<br />

mit dem Westen, zunächst mit England 5 ), werden besonders herausgehoben, ebenso wie<br />

die Jahre 1924-1929, die damit die Jahre 1919-1923 und 1930-1932 als vernunftwidrige Phasen<br />

erscheinen lassen. Ich komme darauf noch zurück.<br />

Darüber hinaus hat Krüger veröffentlichte diplomatische Dokumente folgender westlicher<br />

Länder ausgewertet: USA, Großbritannien, Italien, Belgien, Niederlande, Schweiz. Keine entsprechenden<br />

französischen Unterlagen benutzt zu haben, kann ihm nicht zum Vorwurf<br />

gemacht werden, denn diese sind bisher nicht veröffentlicht - ein Mangel sowohl <strong>für</strong> die französische<br />

als auch <strong>für</strong> die internationale Historiographie 6 . Man kann dem Autor auch nicht<br />

vorwerfen, daß er sich nicht die Zeit nahm, in den Pariser Archiven die Originalunterlagen<br />

aufzuarbeiten. Nichtsdestoweniger entstand dadurch ein gewisses Ungleichgewicht der Quellen,<br />

das angesichts der Rolle Frankreichs in der Weimarer Außenpolitik in ärgerlicher Weise<br />

auf der Gesamtinterpretation lastet. Die französischen Quellen wurden vom Autor nur indirekt<br />

über die Verwendung bei anderen - deutschen, amerikanischen und französischen -<br />

Autoren ausgewertet 7 .<br />

5 Ebenda, S. 211. Ich teile nicht ganz die Ansicht des Autors. Sicher mußten die wichtigsten Probleme<br />

mit Frankreich gelöst werden, als man sich ab 1924 einer Politik der Verhandlungen zuwandte. Aber<br />

Schubert wollte diese mit dem Hebel einer „forcierten Englandpolitik" verwirklichen, was ihm auch<br />

gelang.<br />

6 Die Veröffentlichung der diplomatischen Archive Frankreichs endet mit dem Jahr 1914. Sie wurde<br />

weitergeführt <strong>für</strong> die Jahre 1932-1939, womit eine Lücke <strong>für</strong> die Jahre 1914-1931 bleibt. Sie<br />

beginnt wieder mit den Jahren nach 1954, läßt also eine weitere Lücke <strong>für</strong> die Jahre 1940-1953.<br />

Diese Lücken erklären sich aus budgetären Gründen. Zudem haben hinsichtlich der zwanziger<br />

Jahre die von den Franzosen im Mai/Juni 1940 vorgenommene Vernichtung von Akten und die<br />

Entnahmen durch die deutsche Besatzungsmacht zwischen 1940 und 1944 ein großes Durcheinander<br />

hinterlassen, das inzwischen durch die Arbeit der Archivare des Quai d'Orsay überwunden werden<br />

konnte.<br />

7 Vgl. die sehr reiche Bibliographie Peter Krügers, Außenpolitik S. 565-589. Man wird feststellen,<br />

daß es keine neuere Gesamtdarstellung der französischen Außenpolitik in den Jahren 1918-1932<br />

gibt - eine gravierende Lücke <strong>für</strong> die französische Historiographie -, daß die neueste wissenschaftliche<br />

Biographie Aristide Briands die von Ferdinand Siebert, Erlenbach 1973, ist und daß Clemens<br />

Wurms Buch, Die französische Sicherheitspolitik in der Phase der Umorientierung, 1924-1926,<br />

Frankfurt/M. 1979, hinsichtlich dieser Schlüsseljahre <strong>für</strong> Locarno auf der gründlichsten Auswertung<br />

der französischen Archive basiert.

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