Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 459<br />
1947/48 freilich noch einige Jahre, ehe diese <strong>Institut</strong>ion eines demokratischen und<br />
selbstbewußten Bürgertums endgültig ausgelöscht war.<br />
1. Der Neuaufbau kommunaler Verwaltungen 1945/46<br />
Im Zuge der Eroberung der mitteldeutschen Gebiete, die später zum Territorium<br />
der SBZ gehörten, durch die Rote Armee (Februar bis Anfang Mai 1945) wurden<br />
die führenden Persönlichkeiten der deutschen Verwaltung auf Orts- und Kreisebene,<br />
welche meist der NSDAP angehört hatten, rigoros aus ihren Ämtern entfernt.<br />
Beim Aufbau einer neuen „antifaschistischen" Kommunalverwaltung konnten<br />
sich die sowjetischen Ortskommandanturen in den ersten Tagen und Wochen teilweise<br />
auf deutsche „Antifaschistische Ausschüsse" oder „Volkskomitees" stützen, die<br />
sich vor allem in größeren Städten unmittelbar vor oder nach der Besetzung gebildet<br />
hatten. Zum Teil ließen sich die Kommandeure der sowjetischen Truppen bei der<br />
politischen Säuberung und personellen Neubesetzung der kommunalen Verwaltungen<br />
auch von den ihnen zugeteilten „Frontbeauftragten" des „Nationalkomitees<br />
,Freies Deutschland'" (NKFD) beraten. Seit Ende April/Anfang Mai wurden jedoch<br />
die drei sogenannten Initiativgruppen der KPD, die das Zentralkomitee der Partei<br />
mit den drei nach Mitteldeutschland vorrückenden sowjetischen Frontgruppen in<br />
Marsch gesetzt hatte, zu den wichtigsten Helfern der Roten Armee. Im Rahmen der<br />
Einsatzplanung dieser Gruppen waren bereits Anfang April 1945 von der KPD-Führung<br />
im Moskauer Exil „Richtlinien <strong>für</strong> die Arbeit der deutschen Antifaschisten in<br />
dem von der Roten Armee besetzten Gebiet" erarbeitet worden 6 .<br />
Diese Richtlinien bildeten die programmatische Grundlage <strong>für</strong> die Tätigkeit der<br />
KPD-Initiativgruppen. Die Richtlinien verpflichteten „(d)ie auf dem besetzten deutschen<br />
Gebiet tätigen Antifaschisten ..., in vollem Einvernehmen mit der Besatzungsbehörde"<br />
zu arbeiten. Die konkreteren Aussagen betrafen den Aufbau einer einheitlich<br />
gegliederten Stadt- und Gemeindeverwaltung: „Nach Ernennung eines Bürgermeisters<br />
durch den Ortskommandanten der Roten Armee wird eine Gemeindeverwaltung<br />
aus fünf bis sieben Antifaschisten geschaffen. Je nach Größe der Stadt<br />
werden Abteilungen gebildet: Ernährung, Wohnung, städtische Betriebe (Gas, Wasser,<br />
Elektrizität, Transport), Gewerbe/Handwerk/Handel, Gesundheitswesen und<br />
Fürsorge <strong>für</strong> Kinder/Invaliden und Schwerkriegsbeschädigte, Volksbildung (Kurse,<br />
Bibliotheken, Schulen, Film), Finanzen." Die Gemeindeverwaltungen sollten mit<br />
Personen besetzt werden, „die schon vor 1933 antifaschistischen Organisationen<br />
angehört haben und während der Hitlerherrschaft standhaft geblieben sind", des<br />
weiteren mit Arbeitern aus dem aktiven Widerstand sowie „entwicklungsfähigen"<br />
6 Die „Richtlinien" waren am 5. April 1945 durch das Politbüro der KPD gebilligt worden. Das<br />
Dokument abgedruckt in: Horst Laschitza, Kämpferische Demokratie gegen Faschismus. Die programmatische<br />
Vorbereitung auf die antifaschistisch-demokratische Ordnung in Deutschland durch<br />
die Parteiführung der KPD, Berlin (Ost) 1969, S. 247 ff.