Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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484 Dieter Marc Schneider<br />
schen Gremien besaß. Dies galt nach den Kreistagswahlen, die am 20. Oktober 1946<br />
abgehalten wurden, auch <strong>für</strong> die Wahl der Landräte. Bei den Kreisratswahlen<br />
gewann die SED nur eine, wenn auch deutliche relative Mehrheit. Anders als bei<br />
den Kommunalwahlen ging aus den Kreistagswahlen die CDU als zweitstärkste<br />
Partei hervor 90 . Wo die SED auf kommunaler und Kreisebene eine Mehrheit<br />
erlangte, brachte sie häufig verwaltungserfahrene ehemalige Sozialdemokraten in<br />
die Position von Bürgermeistern und Landräten oder ließ schon vorher berufene<br />
Sozialdemokraten weiter amtieren. In Leipzig war dies z. B. Erich Zeigner, in Magdeburg<br />
Rudolf Eberhard 91 . Auf Landkreisebene kann die Karriere des ehemaligen<br />
SPD-Parteisekretärs in Halle, Fritz Petersdorf, als Beispiel gelten, der von der<br />
sowjetischen Militäradministration erst zum stellvertretenden Landrat des Halle-<br />
Saalkreises ernannt wurde und später Landrat des Kreises Delitzsch wurde 92 . Die<br />
starke Dominanz von KPD-Angehörigen in den Positionen der Bürgermeister und<br />
Landräte, die Ende 1945 bestanden hatte, wurde, wohl auch aufgrund mancher<br />
Unzulänglichkeit der <strong>für</strong> die entsprechenden Stellen nicht genügend qualifizierten<br />
Personen, infolge der Kommunal- und Kreistagswahlen im September/Oktober<br />
1946 erheblich zugunsten der bürgerlichen Parteien und innerhalb der SED zugunsten<br />
verwaltungserfahrener ehemaliger Sozialdemokraten korrigiert. Nachdem die<br />
Phase revolutionärer gesellschaftlicher Veränderungen, die mit der Bodenreform vor<br />
allem in den Landkreisen 1945 heftige Turbulenzen verursacht hatte und zu deren<br />
Sicherung zahlreiche KPD-Leute in Landratspositionen geschleust worden waren,<br />
vorüber war, konnten es sich die Kommunisten innerhalb der SED auch leisten, mit<br />
Hilfe bürgerlicher Kommunalpolitiker oder ehemaliger Sozialdemokraten an der<br />
Spitze der lokalen Verwaltungen deren Konsolidierung zu bewirken. Auch aus<br />
Gründen der gesamtdeutschen Politik war die alte KP-Führung in der SBZ jetzt<br />
daran interessiert, die Optik einer demokratischen Bündnispolitik und Parität zu<br />
90<br />
Kreistagswahlen 20.10. 1946 (in Prozent)<br />
Wahlbeteiligung<br />
Ungültige Stimmen<br />
SED<br />
LDP<br />
CDU<br />
VdgB<br />
Frauenausschüsse<br />
Kulturbund<br />
Brandenburg<br />
45,6<br />
18,4<br />
28,8<br />
7,2<br />
-<br />
-<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
90,6<br />
10,0<br />
54,0<br />
5,2<br />
31,0<br />
9,8<br />
-<br />
-<br />
Sachsen<br />
50,8<br />
20,4<br />
24,7<br />
3,4<br />
0,6<br />
0,1<br />
Sachsen-<br />
Anhalt<br />
92,3<br />
11,0<br />
49,1<br />
23,5<br />
21,7<br />
5,7<br />
-<br />
-<br />
Thüringen<br />
51,5<br />
19,3<br />
23,7<br />
5,5<br />
-<br />
-<br />
SBZ<br />
50,1<br />
18,6<br />
25,2<br />
5,8<br />
0,2<br />
0,0<br />
(Zusammenstellung Günter Braun, s. Anm. 86)<br />
91 Vgl. die Biographien Anm. 48 und 53.<br />
92 Petersdorf gehörte innerhalb der SED zur sozialdemokratischen Opposition und wurde 1952 als<br />
Landrat entlassen. Nach seiner Flucht in den Westen wurde er 1953 hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär<br />
der ÖTV (Interview des Verf. mit Fritz Petersdorf am 21. Okt. 1983 in Düsseldorf).