Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 483<br />
zweitstärkste Partei hervor 86 . Zusammen mit der CDU vermochte sie in den Stadtverordnetenversammlungen<br />
eine Mehrheit zu bilden und so ihre Kandidaten in<br />
Spitzenstellungen zu bringen.<br />
So löste etwa in Erfurt der Liberaldemokrat Paul Hach den Kommunisten Hermann<br />
Jahn als Oberbürgermeister ab 87 . Auch in Jena und Weimar wurden die LDP-<br />
Mitglieder Heinrich Mertens 88 und Gerhard Hempel 89 als Oberbürgermeister gewählt.<br />
In Dessau wurde Fritz Hesse im Amt bestätigt. In Dresden, Leipzig, Zwickau und<br />
Potsdam hatten die Christ- und Liberaldemokraten ebenfalls die Mehrheit erlangt.<br />
Da die SED jedoch überall stärkste Partei geblieben war und oft nur wenige Prozente<br />
hinter einer knappen Mehrheit der bürgerlichen Parteien zurückstand, konnten<br />
solche Mehrheiten nicht in scharfe Frontbildungen gegen die SED umgesetzt<br />
werden, zumal das Block-Prinzip solche Konfrontationen stark relativierte. Auf der<br />
Basis dieses Blockprinzips vermochte die SED häufig auch eine Vereinbarung zu<br />
erreichen, die es ihr als der stärksten Fraktion erlaubte, den Verwaltungschef zu<br />
stellen, auch wenn sie nicht die absolute Mehrheit in den jeweiligen parlamentari-<br />
86 Gemeindewahlen 1.-15. 9. 1946. Stimmergebnisse in den Ländern und Provinzen (in Prozent)<br />
Wahlbeteiligung<br />
Ungültige Stimmen<br />
SED<br />
LDP<br />
CDU<br />
VdgB<br />
Frauenausschüsse<br />
Kulturbund<br />
Sonstige<br />
Brandenburg Mecklenburg- Sachsen Sachsen- Thüringen SBZ<br />
Vorpommern Anhalt<br />
93,3<br />
9,3<br />
59,8<br />
17,4<br />
18,8<br />
2,9<br />
1,0<br />
-<br />
0,1<br />
92,6<br />
9,4<br />
69,6<br />
10,5<br />
16,7<br />
1,9<br />
1,3<br />
-<br />
-<br />
93,6<br />
9,8<br />
53,7<br />
22,4<br />
21,9<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,2<br />
-<br />
94,0<br />
9,9<br />
59,2<br />
23,3<br />
15,5<br />
1,2<br />
0,8<br />
- 0,0<br />
91,5<br />
8,3<br />
50,5<br />
25,7<br />
18,2<br />
3,5<br />
2,0<br />
0,1<br />
-<br />
93,2<br />
9,5<br />
57,1<br />
21,1<br />
18,7<br />
1,8<br />
(Zusammenstellung Günter Braun/Arbeitsbereich Geschichte und Politik der DDR, Univ. Mannheim)<br />
87 Vorgänger von Hach war der von den Sowjets eingesetzte Kommunist Hermann Jahn gewesen, der<br />
bereits am 15. April 1946 gestorben war. Jahn war schon vor 1933 StadtVO in Erfurt gewesen; während<br />
der NS-Zeit mehrmals verhaftet, hatte er später der Widerstandsgruppe Neubauer-Poser<br />
angehört. Paul Hach, geb. 1893, war ab 1919 Angestellter u. a. der Reichsbank, später Geschäftsführer<br />
versch. Gesellschaften, ab 1944 Kriegsteilnahme; nach 1945 Mitgl. LDP, Dezernent <strong>für</strong> Handel<br />
und Versorgung Stadtverw. Erfurt, nach den Kommunalwahlen Sept. 1946 Oberbürgermeister<br />
von Erfurt, 7. Dez. 1946 Ablösung durch Georg Book (vgl. Anm. 132), danach Flucht in den Westen.<br />
88 Heinrich Mertens, geb. 1906, Journalist; vor 1933 SPD, in der NS-Zeit politisch verfolgt, 1936<br />
Hochverratsverfahren und Haft, danach bis Kriegsende Red. einer Werkzeitschrift, später Red.<br />
„Frankfurter Zeitung" in deren Geschäftsstelle Berlin; April 1945 Ernennung zum Bürgermeister<br />
von Eisleben/Provinz Sachsen, Okt. 1945 Berufung als Oberbürgermeister von Jena, Herbst 1947<br />
Flucht in den Westen, bis 1949 Pressereferent Gewerkschaftsbund in der britischen Besatzungszone.<br />
89 Gerhard Hempel, Dr. jur., geb. 1903; vor 1933 Richter, nach 1933 Tätigkeit als Anwalt, Teiln.<br />
2. Weltkrieg; nach 1945 Mitgl. LDP, Notar in Dresden, nach der Kommunalwahl 1946 Oberbürgermeister<br />
von Weimar, 1948 Amtsenthebung, Flucht nach Westberlin und später in die Bundesrepublik<br />
Deutschland.<br />
1,1<br />
0,1<br />
0,0