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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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434 Marianne Doerfel<br />

unterstanden einer weitgehend selbständigen, dem Reichserziehungsministerium nur<br />

angegliederten Behörde, der Inspektion der NPEA, die der SS-Obergruppenführer August<br />

Heißmeyer leitete. An Gymnasien wurde bereits 1934 die Klosterschule Ilfeld/<br />

Harz (gegr. 1546) zur NPEA erklärt, ihr folgte 1935 Schulpforta. Verzögerungen in<br />

dieser Entwicklung ergaben sich vor allem aus den Machtkämpfen der NS-Organisationen<br />

untereinander. Der NSLB beanspruchte <strong>für</strong> sich die Durchführung von Schulungsmaßnahmen<br />

<strong>für</strong> Lehrer und Schüler und drängte dabei mehrfach die HJ aus<br />

dem Felde, die die Schullandheimbewegung unter ihre Kontrolle bringen wollte.<br />

Mit Ausbruch des Krieges veränderte sich jedoch die Situation völlig. Die Tätigkeit<br />

des NSLB wurde durch Einberufungen eingeschränkt, und Heißmeyer begann<br />

im Zuge der zunehmenden Einflußnahme der SS auf die Innenpolitik eine großzügige<br />

Ausweitung seiner eigenen Position in Angriff zu nehmen. Am 22. Oktober<br />

1940 wandte er sich an den Chef der Reichskanzlei, Dr. Lammers, mit der Bitte,<br />

eine „einheitliche Reichsverwaltung und -führung" der NPEA zu fördern, die teilweise<br />

noch in der Verwaltung der Länder standen. Außerdem sollten, um den Führernachwuchs<br />

zu sichern, die Anstalten von bisher 21 auf 100 erweitert werden 77 .<br />

Dr. Rust beeilte sich, sofort sein völliges Einverständnis mit dieser weiteren Einschränkung<br />

seiner Kompetenzen zu erklären; der Generalinspekteur, so erklärte er,<br />

habe in dieser Angelegenheit „völlig freie Hand" 78 . Hitler, den Heißmeyer durch<br />

ausführliche Berichte über die Arbeit an den NPEA unterrichtet hatte, ließ durch<br />

Lammers antworten, daß die Vorschläge des Inspekteurs der NPEA „in jeder Hinsicht<br />

gefördert werden" sollten. Dabei ließ es Heißmeyer jedoch nicht bewenden.<br />

Am 9. Juni 1941 teilte Martin Bormann im Auftrag Hitlers dem Chef der Reichskanzlei<br />

mit, daß „der Führer es begrüßen" würde, wenn nicht nur die NPEA, sondern<br />

auch die übrigen staatlichen Internate dem „hervorragend tüchtigen Heißmeyer"<br />

unterstellt würden 79 . So wurde, um den Auslesecharakter der NPEA zu<br />

wahren, die Kategorie der „Deutschen Heimschule" eingeführt, die sich organisatorisch<br />

am Vorbild der NPEA orientierte.<br />

Das Jahr 1941 stellt daher den Beginn der dritten, abschließenden Phase der<br />

Überführung der Internatsschulen in das nationalsozialistische Erziehungssystem<br />

dar. Schwierigkeiten ergaben sich jetzt allerdings durch den zunehmenden Mangel<br />

an geeigneten Lehrern und Erziehern. Ihre Zahl war nicht nur durch Einberufungen<br />

zurückgegangen, auch das Interessse am Lehrerberuf hatte nachgelassen, zugunsten<br />

verstärkter Meldungen zur Wehrmacht, während gleichzeitig die Eingliederung der<br />

eroberten Gebiete einen erhöhten Bedarf schuf. Für die Schulleiter der Internatsschulen<br />

ergab sich dadurch die Möglichkeit, mit administrativ begründeten Hinhaltetaktiken<br />

die drohende Umorganisation hinauszuzögern und einen zeitlichen Aufschub<br />

zu erreichen, der in einzelnen Fällen bis 1944 reichte, teilweise sogar bis in die<br />

beginnende Auflösung der NS-Diktatur.<br />

77 BAK, R 43 II/956 b.<br />

78 Aktenvermerk 15. 11. 1940, BAK, R 43 II/956 b.<br />

79 Ebenda.

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