Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 463<br />
zungszone 17 . Sie wurden in den zeitweilig von amerikanischen Truppen besetzten<br />
thüringischen und sächsischen Gebietsteilen ebenso aktiv wie in dem bis Juni<br />
1945 unbesetzten Gebiet Aue-Schwarzenberg 18 . Im Vergleich zur übrigen SBZ ist<br />
eine auffallende Dichte von Antifa-Ausschüssen in den Ländern Sachsen und Thüringen<br />
wie auch in Berlin erkennbar, wobei die dort traditionsreiche und ehedem<br />
gut organisierte Arbeiterbewegung eine Rolle gespielt haben dürfte. Bürgerlichdemokratische<br />
Kräfte traten vor allem in denjenigen Antifa-Ausschüssen hervor,<br />
die in den mehr agrarisch strukturierten Gebieten Mecklenburgs und Vorpommerns<br />
entstanden waren. Dies gilt auch <strong>für</strong> größere Städte wie Rostock und Stralsund<br />
19 .<br />
Die Amerikaner, die bereits zahlreiche Orte und Städte in Thüringen und Sachsen<br />
besetzt hatten, als die Rote Armee noch in den Ostgebieten des Deutschen Reiches<br />
kämpfte, stützten sich bei der Wiederingangsetzung der örtlichen Verwaltungen<br />
in erster Linie auf bürgerliche politische Kräfte. Sie hatten offiziell jegliche<br />
politische Betätigung verboten und damit auch die Aktivitäten von Antifa-Ausschüs-<br />
17 Vgl. hierzu die Karte zur Verbreitung der Antifaschistischen Ausschüsse in: Lutz Niethammer,<br />
Ulrich Borsdorf, Peter Brandt (Hrsg.), Arbeiterinitiative 1945. Antifaschistische Ausschüsse und<br />
Reorganisation der Arbeiterbewegung in Deutschland, Wuppertal 1976, S. 720.<br />
18 In Aue wie in dem die Stadt umgebenden Landkreis Schwarzenberg hatten sozialdemokratische<br />
und kommunistische Arbeiter sowie parteilose Demokraten bereits am 9. Mai 1945 „antifaschistische<br />
Aktionsausschüsse" gebildet, die die kommunale Verwaltung übernahmen und kommissarische<br />
Bürgermeister einsetzten, die sie allerdings von dem weiter amtierenden Landrat bestätigen<br />
ließen. Vgl. E. Teucher, Die Gründung der SED im Kreis Aue/Schwarzenberg, Hrsg. Kreisleitung<br />
Aue der SED, o. O. 1966; eine romanhafte Verarbeitung der Vorgänge bei Stefan Heym, Schwarzenberg,<br />
München 1984 (in der Kritik dieses Romans von Gunter Rois „Ein Freiraum <strong>für</strong> 25 Cent",<br />
Frankfurter Neue Presse vom 16. Mai 1984, auch ein historischer Abriß „Der Hintergrund zu<br />
,Schwarzenberg"').<br />
19 Ein „Rostocker Ordnungs-Komitee", das nach dem Einmarsch der Russen am 1. Mai 1945 die<br />
Genehmigung erhielt, eine provisorische Polizei von 100 Mann aufzustellen und sich um die<br />
Lösung der dringendsten Ordnungs- und Sicherheitsprobleme kümmerte, schlug den sowjetischen<br />
Besatzungsbehörden den von den Nationalsozialisten entlassenen ehemaligen Oberbürgermeister<br />
von Rostock, Dr. Robert Grabow, als neu- und wiedereinzusetzenden Oberbürgermeister vor, die<br />
sich dann allerdings <strong>für</strong> den aus dem NKFD hervorgegangenen „Antifaschisten" Christoph Seitz<br />
entschieden (Amtsantritt 7. Mai 1945). Vgl. Ulrich Seemann, Der Beginn des antifaschistischdemokratischen<br />
Neuaufbaus in Rostock im Mai 1945, in: Rostocker Beiträge. Regionalgeschichtliches<br />
Jahrbuch der mecklenburgischen Seestädte. Bd. 1, 1966, S. 164 ff. Oberbürgermeister Seitz<br />
ging später nach Schwerin. Zu seiner Tätigkeit in Rostock vgl. die Erinnerungen seines sozialdemokratischen<br />
Amtsnachfolgers: Albert Schulz, Erinnerungen (Ms.), Archiv der Sozialen Demokratie,<br />
Bonn, S. 88 f. Dem Stralsunder Antifa-Ausschuß gehörten je 2 Sozialdemokraten und Kommunisten<br />
sowie 4 bürgerliche Mitglieder an. Vgl. Joachim Mai (Hrsg.), Vom Narew bis an die Elbe. Erinnerungen<br />
sowjetischer Kriegsteilnehmer der 2. Bjelorussischen Front, Berlin (Ost) 1965, S. 60; zur<br />
Entwicklung in Stralsund Karl-Heinz Jahnke, Die Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung<br />
in Stralsund von ihren Anfängen bis zur Gründung der SED (1891 bis 1946). Phil. Diss. Univ.<br />
Greifswald, 1960; ebenso Oskar Eggert, Das Ende des Krieges und die Besatzungszeit in Stralsund<br />
und Umgebung 1945-1946, Hamburg 1967, S. 31 ff.