Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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416 Marianne Doerfel<br />
Dr. Theodor Adrian v. Renteln, seit 1928 Mitglied der NSDAP und Gruppenführer<br />
im NS-Studentenbund. Die umstrittene Frage, ob der Schülerbund der HJ oder dem<br />
NS-Studentenbund anzugliedern sei, entschied Adolf Hitler dahingehend, daß er<br />
selbständig bleiben solle. Eine spätere Überführung in die HJ war bereits geplant,<br />
sollte jedoch noch nicht bekanntgegeben werden 27 .<br />
Reichs- und Länderregierungen suchten vergeblich die staatsfeindliche Beeinflussung<br />
der Jugend durch radikale Gruppierungen zu unterbinden. Schüler, die gegen<br />
die Verordnungen der zuständigen Ministerien verstießen, sollten von der Schule<br />
verwiesen werden 28 . Der Widerstand gegen die ungewollte Republik war jedoch zu<br />
verbreitet, als daß mit solchen Maßnahmen eine positive Staatsgesinnung hätte<br />
geschaffen werden können. Die Anordnungen stellten auch Schulleiter und Lehrer<br />
vor eine schwierige Aufgabe, da diese, soweit sie selbst die Republik und ihre Verfassung<br />
unterstützten, nur eine Minderheit bildeten und nicht nur im Kollegium,<br />
sondern auch in den Elternhäusern auf Ablehnung stießen. Gegen einen Boykott der<br />
Verfassungsfeiern und die Herabsetzung der Reichsfarben ließ sich mit behördlich<br />
angeordneten Sanktionen nichts erreichen, sie verstärkten eher einen jugendlichen<br />
Oppositionsgeist, dessen negatives Demokratieverständnis durch wachsende politische<br />
Radikalisierung geprägt war.<br />
Mit einer Unterwanderung der Lehrerschaft hatten die Nationalsozialisten schon<br />
bald begonnen. Nachdem einzelne Lehrer der SA oder der NSDAP beigetreten<br />
waren, hatte 1927 in Hof/Bayern unter der Führung des aus Hof stammenden<br />
Hauptlehrers Hans Schemm die Gründung des Nationalsozialistischen Lehrerbundes<br />
(NSLB) stattgefunden. Sein Ziel war „der rücksichtslose Kampf gegen die zum<br />
großen Teil liberalistisch-marxistisch und demokratisch verdorbenen Lehrervereine<br />
in den Ländern" 29 . Das Hauptaugenmerk des NSLB richtete sich auf die Volks- und<br />
Berufsschulen, vor allem auf dem Lande. Die Lehrer der höheren Schulen gehörten,<br />
soweit sie organisiert waren, den regionalen Philologenverbänden an, und die<br />
Nationalsozialisten konzentrierten ihre propagandistische Arbeit auf die Vertiefung<br />
der sozialen Spannungen zwischen den Standesorganisationen. Angesichts der<br />
hohen Lehrerarbeitslosigkeit 30 suchten auch Studienreferendare und -assessoren den<br />
27 Sammlung Schumacher, ebenda.<br />
28 In den Ministerialerlassen vom 4. 8. 1922 - U II 761 -, 23. 12. 1922 - U II 1404 -, 29. 8. 1925<br />
- U II 1431 - war das Verbot von „Vereinen und Veranstaltungen, die sich gegen den Staat oder<br />
gegen die geltende Staatsform richten, seine Einrichtungen bekämpfen oder die Mitglieder der<br />
Regierung des Reichs oder eines Landes verächtlich machen", auch den Schulen bekanntgemacht<br />
worden.<br />
29 Das Gründungsjahr des NSLB ist umstritten, s. Willi Feiten, Der Nationalsozialistische Lehrerbund,<br />
Studien u. Dokumentationen z. dtsch. Bildungsgeschichte, Dtsch. <strong>Institut</strong> f. Internationale<br />
Pädagogische Forschung, Bd. 19, 1981, S. 41 f. Zitat in: Der junge Staat. Das Haus der deutschen<br />
Erziehung, Schriftenreihe des NSLB, 1933, S. 13 (Rückblick auf die Entwicklung des NSLB).<br />
30 Während der in Preußen 1931 erlassenen Sparmaßnahmen wurden 7200 Planstellen <strong>für</strong> Lehrer<br />
gestrichen (Feiten, S. 36). In Sachsen gab es 1932 400 unbeschäftigte Studienassessoren, 167 erhielten<br />
eine Vergütung zwischen 100-200 RM (Dt. Philologenblatt, 40. Jg., Nr. 51/52, 21. 12. 1932,<br />
S. 601). Gleichzeitig ging die Zahl der Schulpflichtigen zurück: in Preußen zwischen 1931-33 um<br />
55300.