Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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380 Francis R. Nicosia<br />
Erklärungen und der Aktivitäten der außerdeutschen revisionistischen Bewegung<br />
war dies ein besonders schwieriges und heikles Unterfangen, das die deutschen<br />
Revisionisten schließlich dazu zwang, ihre Verbindungen zu den Schwesterorganisationen<br />
im Ausland abzubrechen. Denn sowohl die Jewish State Party als auch die<br />
New Zionist Organization unterstützten aktiv den internationalen Wirtschaftsboykott<br />
gegen Deutschland. Sie verurteilten das Haavara-Transferabkommen zwischen<br />
der deutschen Regierung, der ZVfD und zionistischen Vertretern aus Palästina und<br />
forderten die sofortige Errichtung eines großen, unabhängigen jüdischen Staates in<br />
Palästina.<br />
Zur Übernahme der Positionen der ZVfD im Hinblick auf den Boykott und die<br />
Schaffung eines jüdischen Staates gezwungen und schon dadurch auf Distanz zu<br />
den revisionistischen Organisationen des Auslands 45 , ging Georg Kareski in seinem<br />
Bemühen, eine funktionierende Verbindung mit den deutschen Behörden aufzubauen,<br />
noch erheblich weiter. Im Gegensatz zur ZVfD, die mit dem Regime eher<br />
zögerlich zusammenarbeitete, bemühte sich Kareski um eine aktive Unterstützung<br />
der NS-Judenpolitik. 1934/35 beharrte er in öffentlichen Reden vor revisionistischen<br />
Gruppen auf der Ansicht, ein Ende des jüdischen Lebens in Deutschland stelle<br />
eher eine positive denn eine negative Tatsache dar, erfülle sich damit doch eine<br />
Grundüberzeugung des Zionismus, die die Unterstützung der deutschen Juden verdiene<br />
46 . Auch die Staatszionisten machten den deutschen Behörden detaillierte Vorschläge<br />
<strong>für</strong> die Auswanderung der Juden. So plädierten sie unter anderem <strong>für</strong> die<br />
Ernennung eines Auswanderungskommissars, der qua Staatsautorität die notwendigen<br />
Maßnahmen <strong>für</strong> die Auswanderung der halben Million deutscher Juden einleiten<br />
sollte 47 . Kareski versuchte seine Nützlichkeit sogar anläßlich der Nürnberger<br />
Rassegesetze zu demonstrieren. In einem umstrittenen Interview im Angriff vom<br />
23. Dezember 1935 begrüßte Kareski unter der Überschrift „Reinliche Scheidung<br />
sehr erwünscht. Die Nürnberger Gesetze erfüllen auch alte zionistische Forderungen"<br />
diese Gesetzgebung insoweit, als sie eine vollständige Trennung von Juden und<br />
„Ariern" anordnete 48 . Eine indirekte Einschränkung machte er lediglich hinsichtlich<br />
der Aberkennung der Staatsbürgerschaft: Ebenso wie die ZVfD hatte er stets verlangt,<br />
daß den Juden, solange sie sich noch in Deutschland aufhielten, eine ver-<br />
tral European History 8 (1975), S. 251-281, sowie Kurt Blumenfeld, Erlebte Judenfrage. Ein Vierteljahrhundert<br />
deutscher Zionismus, Stuttgart 1962, S. 188.<br />
45<br />
Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem (CAHJP), P82/38, Georg Kareski,<br />
Die Chance zur Lösung der Judenfrage, undat.; P82/31, ders., Die Durchführung des nachstehenden<br />
Planes einer Aussiedlung der in Deutschland lebenden Juden, undat.; PA/AA, Inland IIA/B,<br />
Dr. Siegfried Stern (Staatszionistische Organisation) an AA vom 23.1.1935.<br />
46<br />
CAHJP, P82/38, Georg Kareski, In zwölfter Stunde. Rettung oder Untergang des jüdischen Volkes,<br />
undat.; P82/31, ders., Liquidation des deutschen Judentums. Konkurs oder Zwangsverkauf?,<br />
undat.<br />
47<br />
PA/AA, Inland II A/B, 83-21, Bd. 3, Max Schulmann an AA vom 11.9.1935; vgl. auch Der Staatszionist<br />
vom 20.6. und 25. 9. 1935.<br />
48<br />
Das Interview mit Kareski führte Dr. Oskar Liskowsky aus der Abteilung von Hans Hinkel im Propagandaministerium;<br />
das von Kareski gebilligte Originaltranskript in: CAHJP, P 82/17.