Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 475<br />
den Neuaufbau einer demokratischen Verwaltung, wie sie z. B. gegen Kriegsende in<br />
sozialdemokratischen Exilgruppen formuliert wurden, nahm die kommunale Selbstverwaltung<br />
als Grundlage eines dezentralisierten Staates wieder einen wichtigen<br />
Platz ein 61 . Für die KPD hatte Kommunalpolitik in der Weimarer Zeit keine große<br />
Rolle gespielt. Die Partei folgte den politischen Richtlinien der Komintern, auf<br />
deren 2. Kongreß 1920 <strong>für</strong> alle kommunistischen Parteien die Errichtung des<br />
Sowjetstaates nach russischem Muster propagiert und „Kommunaleinrichtungen der<br />
Bourgeoisie" lediglich als Foren zur revolutionären Opposition mit dem Ziel der<br />
Zerstörung des kapitalistischen Systems bezeichnet worden waren 62 . Abgesehen von<br />
einigen taktischen Wendungen, blieb diese Politik der Agitation und Obstruktion in<br />
den Kommunalparlamenten bis 1933 bestimmend 63 . Allerdings hatte die KPD im<br />
Vergleich zur SPD relativ wenige Kommunalvertreter gehabt und war noch bei den<br />
Kommunalwahlen von 1929 sogar in den Arbeiterhochburgen Sachsens vernichtend<br />
geschlagen worden 64 .<br />
In der krisenhaften Entwicklung gegen Ende der Weimarer Republik hatten sich<br />
die politischen Aktivitäten der KPD zunehmend auf die außerparlamentarische<br />
Ebene verlagert, und kommunistische Kommunalvertreter waren als Agitatoren auf<br />
dem Gebiet der Sozial- und Erwerbslosen<strong>für</strong>sorge sowie auf Betriebs-, Gewerkschafts-<br />
und Mieterversammlungen tätig gewesen 65 . Anträge in den Stadtverordnetenversammlungen<br />
waren oft durch Demonstrationen vor dem Rathaus unterstützt<br />
worden - politische Methoden, wie sie auch nach 1945 in der SBZ bei der Durchführung<br />
revolutionärer Maßnahmen wie etwa der Bodenreform wieder angewandt<br />
wurden.<br />
Auch nach der nationalsozialistischen Machtübernahme war das allgemeine politische<br />
Ziel der KPD zunächst weiterhin die Errichtung eines Staates nach sowjeti-<br />
61<br />
Vgl. Rebentisch, Sozialdemokratie und kommunale Selbstverwaltung, S. 51 f. (mit der dort angegebenen<br />
weiterführenden Literatur).<br />
62<br />
Die entsprechenden auf dem 2. Komintern-Kongreß verabschiedeten „Leitsätze <strong>für</strong> die kommunistischen<br />
Parteien und den Parlamentarismus" basieren auf Lenins im Frühjahr 1920 verfaßter Schrift<br />
„Der Radikalismus, die Kinderkrankheit des Kommunismus". Text in: Der zweite Kongreß der<br />
Kommunistischen Internationale. Protokoll der Verhandlungen (1920), Hamburg 1921, S.466<br />
bzw. 470 ff.<br />
63<br />
Zur Kommunalpolitik der KPD v. a. die Arbeiten von Volker Wünderich, Arbeiterbewegung und<br />
Selbstverwaltung. KPD und Kommunalpolitik in der Weimarer Republik. Mit dem Beispiel Solingen.<br />
Wuppertal 1980; Beatrix Herlemann, Kommunalpolitik der KPD im Ruhrgebiet 1924-1933,<br />
Wuppertal 1977; außerdem die in der DDR erschienene Untersuchung der KPD-Kommunalpolitik<br />
in der Weimarer Zeit am Beispiel der Stadt Chemnitz: Gert Richter, Zur Herausbildung und Ausprägung<br />
der Kommunalpolitik der Kommunistischen Partei Deutschlands in Chemnitz von<br />
1918/19 bis 1929, Phil. Diss. Univ. Leipzig, 1980.<br />
64<br />
In Leipzig z. B. verlor die KPD bei der Gemeindewahl am 17. Nov. 1929 ca. 16 000 Stimmen gegenüber<br />
der Kommunalwahl von 1926. Danach hatte sie gegenüber den 27 Mandaten der SPD nur<br />
noch 9. Vgl. Helmut Arndt/Detlef Ziegs, Zur revolutionären Kommunalpolitik der KPD in den<br />
Jahren 1929/33 im Leipziger Stadtparlament, in: Jahrbuch zur Geschichte der Stadt Leipzig,<br />
Jg. 1979, S. 42.<br />
65<br />
Hierzu Wünderich, v. a. S. 186 ff.; Herlemann, S. 143 ff.; Arndt/Ziegs, S. 41 ff.