Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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386 Francis R. Nicosia<br />
zu unterstützen. Der SS-Bericht empfahl auch eine nachdrückliche Förderung der<br />
Umschulungslager und beruflichen Ausbildungszentren, die von den Jugendverbänden<br />
der ZVfD überall in Deutschland <strong>für</strong> auswanderungswillige Juden eingerichtet<br />
worden waren 71 .<br />
Fast die gesamten dreißiger Jahre hindurch gewährten die SS-Stellen den zionistischen<br />
gegenüber den nicht-zionistischen Organisationen bevorzugte Behandlung.<br />
Beleg da<strong>für</strong> ist beispielsweise eine Anweisung der Bayerischen Politischen Polizei<br />
vom Januar 1935: „Jedenfalls sind die Bundesmitglieder der zionistischen Verbände<br />
im Hinblick auf die auf Abwanderung nach Palästina gerichtete Tätigkeit nicht mit<br />
derjenigen Strenge zu behandeln, wie sie gegenüber den Angehörigen der sogen.<br />
deutsch-jüdischen Organisation (Assimilanten) notwendig ist." 72<br />
Im April 1935 machte die Polizei sogar hinsichtlich des allgemeinen Uniformverbots<br />
<strong>für</strong> jüdische Organisationen eine Ausnahme: Bei den Treffen der Nationalen<br />
Jugend Herzlia, des militanten Jugendverbands der revisionistischen Staatszionisten,<br />
waren Uniformen erlaubt 73 . An sich eine Angelegenheit von minderer Bedeutung,<br />
illustriert diese Ausnahmeregelung doch sehr gut die Attraktivität, die der Zionismus<br />
<strong>für</strong> die SS und ihre Judenpolitik in den dreißiger Jahren hatte. Die gültige Position<br />
der SS gegenüber dem Zionismus formulierte Reinhard Heydrich wenig später im<br />
SS-Organ Das Schwarze Korps, als er die streng rassische Haltung der Zionisten<br />
lobte und gegen die „assimilationistischen" Gruppen ausspielte, die ihre eigene<br />
Rasse verleugneten 74 . Im September 1935 erläuterte Heydrich in einem weiteren<br />
Artikel die Einstellung der nationalsozialistischen Regierung zum Zionismus: „Sie<br />
befindet sich dabei in Übereinstimmung mit der großen geistigen Bewegung im<br />
Judentum selbst, dem sogenannten Zionismus, dessen Grundlage die Erkenntnis von<br />
der Zusammengehörigkeit des Judentums in der ganzen Welt und die Ablehnung<br />
aller Einschmelzungsideen bildet." 75<br />
Bis Ende 1935 waren nicht-zionistische Organisationen wie der Central-Verein<br />
deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, aber auch anti-zionistische Vereinigungen<br />
wie der Verband nationaldeutscher Juden oder der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten<br />
polizeilich aufgelöst oder auf andere Weise lahmgelegt worden, so daß<br />
ZVfD und Staatszionisten mit ihren angeschlossenen Vereinen als letzte funktionierende<br />
jüdische Organisationen von politischer Bedeutung übrigblieben. Darüber<br />
hinaus erlaubten die Polizeibehörden bis 1936 die Einreise zionistischer Lehrer und<br />
anderen Personals von der Jewish Agency for Palestine, um die deutschen Juden auf<br />
71 Auch AA, RMI, RMW sowie das Reichsministerium <strong>für</strong> Ernährung und Landwirtschaft und das<br />
Reichsarbeitsministerium unterstützten die Umschulungslager; vgl. Nicosia, Third Reich, S. 58 ff.<br />
72 Zit. nach Hans Mommsen, Der nationalsozialistische Polizeistaat und die Judenverfolgung vor<br />
1938, in: VfZ 10 (1962), S. 78 f.<br />
73 Ebenda, S. 80 f.<br />
74 Das Schwarze Korps vom 14. 5. 1935.<br />
75 Das Schwarze Korps vom 26.9.1935.