Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 469<br />
In Dresden, dem Zentrum der Tätigkeit der „Gruppe Ackermann", waren es die<br />
Gruppenmitglieder Kurt Fischer 39 , Hermann Matern 40 und Heinrich Greif 41 , die<br />
entscheidenden Einfluß auf den Neuaufbau der kommunalen Verwaltung nahmen.<br />
Fischer wurde 1. Stellvertretender Bürgermeister, Matern Stadtrat <strong>für</strong> Personalpolitik<br />
und Greif Stadtrat <strong>für</strong> Kultur und Volksbildung. Eine wichtige Aufgabe wurde<br />
Helmut Welz 42 übertragen, der als einer der Antifa-Schüler mit der „Gruppe Ackermann"<br />
nach Dresden gekommen war. Welz, ein Chemiker und ehemaliger Pionieroffizier,<br />
wurde zum Stadtrat <strong>für</strong> das Bauwesen und kommunale Betriebe ernannt<br />
und später auch einer der Stellvertretenden Bürgermeister. Zum Oberbürgermeister<br />
wurde auf Vorschlag der Initiativgruppe der sozialdemokratische Jurist und ehemalige<br />
Regierungsrat im sächsischen Innenministerium Rudolf Friedrichs 43 ernannt.<br />
Die Tätigkeit der Initiativgruppe beschränkte sich jedoch nicht nur auf die Großstädte.<br />
In wenigen Tagen mußten Hunderte von Personen ausgewählt werden, um<br />
Landrats- und Bürgermeisterämter im ganzen Land zu besetzen.<br />
Nach der Übernahme der zunächst von den Amerikanern besetzten Gebiete der<br />
SBZ durch die sowjetische Besatzungsmacht Anfang Juli 1945 erfolgte eine Reihe<br />
von Umbesetzungen in den Stadt- und Gemeindeverwaltungen, die ebenfalls von<br />
den Initiativgruppen gesteuert wurden. Dabei kamen nicht nur lokale KPD-Politiker<br />
zu Amt und Würden. Ein Teil der Schlüsselstellungen in den Verwaltungen<br />
wurde durch Antifa-Schüler besetzt. Die Erstellung einer genaueren politischen<br />
39 Kurt Fischer, 1900-1950; Lehrer; 1918 Spartakusbund, 1919 KPD; 1921 wegen Teilnahme am mitteldeutschen<br />
Aufstand Emigration UdSSR (1923/24 vorübergehende Rückkehr nach Deutschland),<br />
Mitgl. KPdSU, 1928-32 Studium Frunse-Militärakademie Moskau, danach Tätigkeit im<br />
Geheimdienst, 1939-41 als Angehöriger der Roten Armee in sowj. Militärbehörde tätig, Red. Sender<br />
„Freies Europa"; Mai 1945 Rückkehr nach Deutschland als Mitgl. der Gruppe Ackermann,<br />
1945 1. Bürgermeister Dresden, Juli 1945-Okt. 1946 1. Vizepräs. Land Sachsen, 1946 Mitgl. Landesvorstand<br />
SED Sachsen und Mitgl. des LT, 1948-49 Präs. Deutsche Verwaltung des Innern,<br />
1949/50 Generalinspekteur der Volkspolizei.<br />
40 Hermann Matern, 1893-1971, Gerber; 1911 SPD, später USPD, KPD, Parteifunktionär, 1932-33<br />
MdL Preußen; nach 1933 illeg. Tätigkeit, Juli 1934 Verhaftung, Sept. 1934 Flucht und im gleichen<br />
Jahr Emigr. in die CSR, leitender Funktionär Rote Hilfe, 1935-41 über Frankreich, Belgien, Holland,<br />
Norwegen und Schweden in die UdSSR, Mitbegründer NKFD; Mai 1945 als Mitgl. der<br />
Gruppe Ackermann Rückkehr nach Dresden, Stadtrat <strong>für</strong> Personalpolitik, 1946-48 Vors. SED<br />
Groß-Berlin, ab 1946 Mitgl. Zentralsekr. bzw. ab 1950 PolBüro des ZK der SED.<br />
41 Heinrich Greif, 1907-1946, Schauspieler, Schriftsteller; Schauspielunterricht und Theaterrollen bei<br />
Erwin Piscator, 1931 mit Piscator zu Filmarbeiten in den UdSSR, danach in der Schauspieltruppe<br />
von Gustav von Wangenheim („Truppe 1931"); 1933 Emigration nach Paris, Mitgl. illeg. KPD, 1934<br />
UdSSR; Mai 1945 mit Gruppe Ackermann Rückkehr nach Dresden, Stadtrat <strong>für</strong> Kultur und Volksbildung,<br />
danach Mitgl. Ensemble Deutsches Theater Berlin.<br />
42 Zur Biogr. von Welz vgl. seine Erinnerungen: Helmut Welz, Verratene Grenadiere, Berlin (Ost)<br />
1964; <strong>für</strong> die Dresdener Zeit nach 1945: ders., Die Stadt, die sterben sollte, Berlin (Ost) 1972.<br />
43 Rudolf Friedrichs, 1892-1947, Jurist; 1922 SPD, 1927 kommunalpolitischer Landesausschuß SPD<br />
Sachsen und Mitgl. Stadtrat Dresden; 1933 aus politischen Gründen entlassen, kurzzeitig in Haft,<br />
Polizeiaufsicht, anschl. Lebensmittelhändler und jur. Berater; 1945 Oberbürgermeister Dresden,<br />
1946 Mitgl. SED und MdL Sachsen, Juli 1945-Juni 1947 Präsident bzw. MinPräsident des Landes<br />
Sachsen.