Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 485<br />
erzeugen, zumal die Schlüsselpositionen der Personalämter und der Polizei fast<br />
überall in den Händen ehemaliger KP-Aktivisten blieben. Dabei handelte es sich<br />
jedoch bloß um eine Übergangszeit. Führende Kommunalpolitiker, die aus der SPD<br />
kamen, wie auch die meisten zunächst in führende Positionen gelangte Kommunalpolitiker<br />
aus den bürgerlichen Parteien LDP und CDU wurden jedoch nach und<br />
nach verdrängt, sobald die SED eigene Nachwuchskräfte genügend politisch und<br />
fachlich geschult hatte. Diese Schulung wurde ab 1946 z.T. in eigener kommunaler<br />
Regie durchgeführt 93 .<br />
Immerhin konnten in solchen Städten, in denen die Liberal- und Christdemokraten<br />
nach den Gemeindewahlen die Mehrheit erreicht hatten, nicht-kommunistische<br />
Kräfte - zum Teil auch innerhalb der SED - relativ lange wichtige Positionen halten.<br />
Charakteristisch ist das Beispiel Leipzigs, wo bei den Gemeindewahlen des Jahres<br />
1946 die SED 46%, die LDP fast 30% und die CDU über 21% der Stimmen<br />
erhalten hatten. Der SED gelang es nicht vor Ende 1948, nichtgewählte Vertreter<br />
der sogenannten Massenorganisationen in die Arbeit der Ständigen Ausschüsse des<br />
Stadtparlamentes einzubeziehen. Diese Mehrung der Macht der SED ohne demokratische<br />
Legitimation durch Wahlen wußten CDU und LDP, die sowohl die Vorsitzenden<br />
wie auch die Mehrzahl der Mitglieder in den wichtigen Ausschüssen <strong>für</strong><br />
Recht und Verfassung, <strong>für</strong> Verwaltung und Finanzen sowie im Geschäftsordnungsausschuß<br />
stellten, in einem fast zweijährigen Abwehrkampf zu verhindern 94 . Offenbar<br />
konnte auch in den anderen Städten mit einer Parlamentsmehrheit aus CDU<br />
und LDP auf der Verfassungsebene nach Geist und Buchstabe der Demokratischen<br />
Gemeindeordnung regiert werden und „bürgerlicher" Einfluß durchaus zum Tragen<br />
kommen. Wie und in welchen Bereichen der kommunalen Verwaltung es sich auswirkte,<br />
daß in den Stadt-, Gemeinde- und Kreisverwaltungen zwischen 1946 und<br />
1948 SED-Leute oder „bürgerliche" Politiker an der Spitze standen, an welchen<br />
Sachfragen der Gemeindepolitik die Gegensätze vor allem aufeinanderprallten, läßt<br />
sich wegen der Unzugänglichkeit der Quellen <strong>für</strong> die kommunale Ebene, unter der<br />
die westliche Forschung zu leiden hat, nicht beantworten. In vielen Kommunen<br />
brachte erst der SMAD-Befehl Nr. 183 vom 30. November 1948 betreffend die Einbeziehung<br />
von Massenorganisationen in die Parlamentsarbeit eine Wende zugunsten<br />
der SED 95 . Das zeigt sich etwa am Beispiel Leipzigs. Dort wurde durch den<br />
93 Vgl. Ein Jahr Aufbauarbeit in Magdeburg. Rechenschaftsbericht der Stadtverwaltung über die im<br />
ersten Jahr nach dem Hitlerkrieg geleistete Arbeit, erstattet in der 1. Beratenden Versammlung am<br />
27. Juli 1946 von Oberbürgermeister Eberhard, Hrsg. Magistrat der Stadt Magdeburg, Magdeburg<br />
1946, S. 17 f.<br />
94 Vgl. Eva Georgi, Die Entwicklung der demokratischen Selbstverwaltung in Leipzig in den Jahren<br />
1945 bis 1948, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, 9. Jg.,<br />
1959/60, S. 497-508, hier S. 506 f.; Günter Koppelmann, Das Ringen um die Festigung der antifaschistisch-demokratischen<br />
Staatsorgane in Leipzig von Mitte 1948 bis Anfang 1949. Phil. Diss. Univ.<br />
Leipzig, 1968, S. 74, 77 f., 88; ebenso Lieselotte Borusiak, Zum Charakter der Kommunalpolitik in<br />
der Stadt Leipzig nach 1945, in: Arbeitsberichte zur Geschichte der Stadt Leipzig, Nr. 6, 1964,<br />
S. 54 f.<br />
95 Vgl. Koppelmann, ebenda, S. 140 f.