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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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394 Francis R. Nicosia<br />

stina fortgesetzt. Das Eingreifen des „Führers" Ende 1937 und Anfang 1938 ist wohl<br />

am besten vor dem Hintergrund zu verstehen, den Uwe Dietrich Adam als „Hitlers<br />

Verknüpfung von Kriegsplanung und Rassenpolitik" 106 gekennzeichnet hat. Es<br />

besteht kaum Zweifel daran, daß Hitler, von den ideologischen Anforderungen<br />

einer nationalsozialistischen Weltanschauung ausgehend, die Rassendoktrin zur<br />

obersten Prämisse der NS-Außenpolitik erhob 107 . Das mußte unweigerlich einen<br />

Krieg zur Folge haben, der eine neue rassische Ordnung in Europa etablieren<br />

würde, nachdem diese in Deutschland errichtet war. 1938 war es jedoch noch nicht<br />

soweit. Die Entscheidung, Juden weiter nach Palästina auswandern zu lassen, muß<br />

im Zusammenhang mit den Bemühungen der Jahre 1938 und 1939 gesehen werden,<br />

Deutschland rassisch zu „sanieren" und kriegstüchtig zu machen. Dazu gehörte<br />

auch die endgültige Hinausdrängung der Juden aus der deutschen Wirtschaft und<br />

deren massenhafte Zwangsdeportation, <strong>für</strong> die die SS die Pläne entwickelte.<br />

Trotz der Arisierungsbemühungen des Regimes konnten Juden am deutschen<br />

Wirtschaftsleben bis Anfang 1938 noch teilnehmen. Nicht mehr als ein Drittel der<br />

deutschen Juden war emigriert. Auch nach fünf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft<br />

war die „Judenfrage" mithin noch weit davon entfernt, „gelöst" zu sein. Dies<br />

stand Hitler offenbar deutlich vor Augen, als er mit der Vorbereitung seines Krieges<br />

begann.<br />

Die Periode von 1933 bis 1937 hat Helmut Genschel in wirtschaftlicher Hinsicht<br />

als „schleichende Judenverfolgung", die Periode von 1938 bis zum Kriegsausbruch<br />

als die „offene Ausschaltung aus der Wirtschaft" bezeichnet 108 . Hier kann nicht auf<br />

die Einzelheiten der Arisierungspolitik 1938/39 eingegangen werden, wohl aber ist<br />

es notwendig, die 1938 eingetretenen gravierenden Veränderungen in der Auswanderungspolitik<br />

im Kontext der Kriegsvorbereitungen zu untersuchen und zu fragen,<br />

welche Bedeutung der Zionismus und Palästina dabei hatten.<br />

Bis 1938 spielten SS, SD und Gestapo in der Gestaltung der NS-Judenpolitik im<br />

allgemeinen und der Auswanderungspolitik im besonderen keine bestimmende<br />

Rolle. Beim SD gab es im Januar 1937 deutliche Anzeichen der Ernüchterung in<br />

bezug auf den Ablauf des Auswanderungsprozesses und Unbehagen über die eigene<br />

Nichtbeteiligung. Ein umfassender Bericht der Abteilung II/112 „Zum Judenproblem"<br />

stellte fest, eine zügige Auswanderung der Juden müsse Leitgedanke aller<br />

Anstrengungen auf diesem Gebiet sein; die bisherigen Bemühungen der staatlichen<br />

106 Adam, Judenpolitik, S. 159.<br />

107 Vgl. Klaus Hildebrand, The Foreign Policy of the Third Reich, Berkeley 1973, S. 75 f.; Andreas<br />

Hillgruber, Die Endlösung und das deutsche Ostimperium als Kernstück des rassenideologischen<br />

Programms des Nationalsozialismus, in: VfZ 20 (1972), S. 133-153; Hans-Adolf Jacobsen, Nationalsozialistische<br />

Außenpolitik 1933-1938, Frankfurt a. M. 1968, S. 598-619; Jochen Thies, Architekt<br />

der Weltherrschaft. Die Endziele Hitlers, Düsseldorf 1976, S. 10, 28 ff.<br />

108 Vgl. Helmut Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Göttingen<br />

1966, S. 139 ff.

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