Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 487<br />
nazifizierung, die zum Teil von Haus- und Straßenbeauftragten durchgeführt<br />
wurde. Diese politische Hilfsfunktion rückte sie im Urteil der Bevölkerung in die<br />
Nähe des Spitzel- und Denunziantentums, das an das Blockwartsystem der NS-Zeit<br />
erinnerte.<br />
Die politische Aushöhlung der demokratischen Selbstverwaltung geschah - entgegen<br />
den Grundsätzen der Demokratischen Gemeindeordnung - nicht zuletzt<br />
durch eine faktische Machtverschiebung im Verhältnis von Magistrat und Stadtparlament.<br />
Obwohl mit der Demokratischen Gemeindeordnung die kommunale Exekutive<br />
eindeutig parlamentarischer Weisung und Kontrolle unterlag, bildete sich -<br />
folgt man z. B. den in der DDR erschienenen Untersuchungen zur Entwicklung in<br />
Leipzig - im Magistrat ein politisches Gegengewicht zur bürgerlich dominierten<br />
Stadtverordnetenversammlung heraus. Während hier die politisch wichtigen Ausschüsse<br />
von LDP und CDU beherrscht wurden, hielten in den Stadtverwaltungen<br />
linientreue SED-Mitglieder die entscheidenden Dezernate wie die Allgemeine Verwaltung<br />
mit dem Personalamt, Wirtschaft und Wirtschaftsplanung, Volksbildung<br />
und Jugendamt besetzt 101 . So war es denn auch der Magistrat, der gegen die Opposition<br />
der Mehrheit des Stadtparlaments eine Politik trieb bzw. mitverantwortete,<br />
die schließlich sogar zum Verlust der wirtschaftlichen Grundlagen kommunaler<br />
Selbstverwaltung führte. Dabei waren gerade auf dem Gebiet der Gemeindewirtschaft<br />
neue Impulse zur Restitution der demokratischen Selbstverwaltung erkennbar<br />
gewesen. Das nach dem Kriege besonders wichtige Feld des Wohnungsbaus und der<br />
Wohnungsbewirtschaftung mag da<strong>für</strong> als Beispiel gelten.<br />
In der SBZ waren nach einer Erhebung des Jahres 1946 433 000 Wohnungen total<br />
und weitere 207000 teilzerstört. Dies bedeutete einen Wohnraumverlust von 13% 102 .<br />
Auf der Ebene der noch nicht konsolidierten Landes- und Provinzialverwaltungen<br />
gab es zunächst keine Rahmenpläne zum Neuaufbau der Städte. Die Planung der<br />
Trümmerbeseitigung und des Wiederaufbaus war vielmehr Aufgabe der einzelnen<br />
Kommunalverwaltungen, die - wie in der Provinz Sachsen - allenfalls „Arbeitsgemeinschaften"<br />
der ausgebombten Städte bildeten 103 . Die Lage war gekennzeichnet<br />
durch den Mangel an Arbeitskräften, an Transportmöglichkeiten und Material 104 .<br />
während des Dritten Reiches und nach 1945 in der SBZ in der Holzindustrie tätig, 1945 Mitbegr.<br />
LDP im Kreis Zittau, dort Frühjahr 1946 Berufung in Beratende Versammlung, Jan. 1947 Berufung<br />
als Oberbürgermeister nach Zittau, nach zunehmendem politischen Druck und Konflikten mit der<br />
SED August 1950 Flucht nach Westdeutschland.<br />
101<br />
Vgl. Koppelmann, Ringen um die Staatsorgane, S. 83, 88 ff.<br />
102<br />
Im Vergleich dazu betrug der Zerstörungsgrad in den Westzonen 20,3%. Für die genauen prozentualen<br />
Angaben des zerstörten Wohnraums in den einzelnen Städten der SBZ vgl. Dokumente deutscher<br />
Kriegsschäden. Hrsg. Bundesminister <strong>für</strong> Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte,<br />
Bonn 1958, S. 52 f.<br />
103<br />
Die Initiative zu dieser Arbeitsgemeinschaft ging von der Stadt Magdeburg aus. Vgl. Ein Jahr Aufbauarbeit<br />
in Magdeburg, S. 29 f.<br />
104<br />
Vgl. u. a. Walter Weidauer, Neue Wege der Kommunalpolitik, S. 90ff.; die extreme Mangelsituation<br />
wurde dem Verf. auch bestätigt und geschildert von Kurt Borges, nach 1945 Leiter der Bauhütte<br />
Dresden, in einem Interview am 16. Juli 1983 in Leutesdorf/Rhein. Auch die mangelnde Baupia-