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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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388 Francis R. Nicosia<br />

hängigen jüdischen Staates erblickte 82 . Obwohl Eichmann den Auftrag erhielt, die<br />

Verbindung zu Polkes auszubauen, und dessen Einladung, im Laufe des Jahres<br />

Palästina zu besuchen, annehmen durfte, entwickelte sich diese Beziehung nicht<br />

weiter. Denn nicht nur lehnte die NS-Führung die Idee eines unabhängigen jüdischen<br />

Staates ab, die mit der Bekanntmachung des Peel-Teilungsplans im Juli 1937<br />

an Ernsthaftigkeit gewann, sondern sie wollte auf keinen Fall auch nur den<br />

Anschein anti-britischer Aktivitäten erwecken oder sich in irgendeiner Form in den<br />

Konflikt zwischen arabischem Nationalismus, Zionismus und britischen Hegemonialansprüchen<br />

in Palästina verwickeln lassen 83 .<br />

Am 29. September 1936 fand ein wichtiges Treffen zur Frage der jüdischen Auswanderung<br />

statt. Teilnehmer waren Vertreter des Reichsinnenministeriums, des<br />

Wirtschaftsministeriums und aus dem Büro des Stellvertreters des Führers. Innen-<br />

Staatssekretär Dr. Stuckart rechtfertigte dabei die Tatsache, daß „bisher in erster<br />

Linie die Auswanderung der Juden nach Palästina gefördert" worden sei, mit dem<br />

Hinweis, man habe be<strong>für</strong>chtet, daß jüdische Einwanderer aus Deutschland ohnehin<br />

schon vorhandene anti-deutsche Gefühle in den Bestimmungsländern verstärkten 84 .<br />

Die Ereignisse im Nahen Osten sollten freilich schon bald die Frage aufwerfen, ob<br />

es so klug gewesen war, die jüdische Auswanderung nach Palästina zu fördern.<br />

Denn die Peel-Kommission, die im November 1936 - als britische Antwort auf den<br />

im April ausgebrochenen arabischen Aufstand - ihre Beratungen über Palästina aufgenommen<br />

hatte, löste in Europa und im Nahen Osten Spekulationen über die<br />

mögliche Errichtung zweier nominell unabhängiger Staaten, eines jüdischen und<br />

eines arabischen, aus.<br />

Obwohl die Ergebnisse und Empfehlungen der Kommission nicht vor Juli 1937<br />

bekanntgemacht wurden, überprüfte das Auswärtige Amt bereits zu Anfang dieses<br />

Jahres die Implikationen, die ein unabhängiger jüdischer Staat <strong>für</strong> die deutsche Politik<br />

haben würde. Am 9. Januar 1937 wies Walter Hinrichs vom Referat D den<br />

Staatssekretär des Innern darauf hin, daß die Peel-Kommission sehr wahrscheinlich<br />

die Schaffung eines jüdischen Staates in einem Teil Palästinas empfehlen werde.<br />

Hinrichs kritisierte, das Auswärtige Amt habe es bisher versäumt, die Folgen der<br />

Auswanderungspolitik zu bedenken, und schloß mit einer Warnung vor den strategischen<br />

und ideologischen Gefahren, die von einem jüdischen Staat ausgehen würden:<br />

„Dabei wäre insbesondere (darauf) hinzuweisen, daß ein jüdischer Staat in<br />

82 NA, T-175/411, II/112, 2936189-194, Geh. Kommandosache vom 17. 6. 1937. Polkes damalige<br />

Stellung und Bedeutung in der Hagana ist noch immer völlig ungeklärt. Es ist deshalb schwierig festzustellen,<br />

ob er ein ernstzunehmender Verhandlungspartner war; Eichmann und die Abt. II/112<br />

glaubten dies. Vor allem aber speiste sich das Interesse des SD an Polkes aus der Annahme, die<br />

Hagana besitze zuverlässige Informationen über jüdische Pläne zur Ermordung Hitlers und anderer<br />

hoher deutscher Würdenträger.<br />

83 Eichmanns umfassender Bericht vom 4. 11. 1937 über seine fehlgeschlagene Palästina-Reise im<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Zeitgeschichte</strong>, München (IfZ), Eichmannprozeß-Beweisdokumente, Nr. 2; zu den<br />

deutsch-britischen Beziehungen im Hinblick auf Palästina vgl. Nicosia, Third Reich.<br />

84 BA, R/18-5514, Vermerk über die Besprechung am 29.9.1936.

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