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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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Zionismus im nationalsozialistischen Deutschland 1933-1939 383<br />

in Jerusalem, und von Sam Cohen richtig seien 57 . Die Verhandlungen zwischen<br />

Cohen und dem Wirtschaftsministerium begannen im Mai 1933 und endeten im Juli<br />

mit einer vorläufigen Vereinbarung 58 . Einen Monat später war dieses Abkommen<br />

durch eine neue Übereinkunft überholt, an der die ZVfD und die Anglo-Palestine<br />

Bank von Jerusalem beteiligt waren. Am 28. August erging ein Runderlaß des<br />

Reichswirtschaftsministers an alle Devisenstellen, in dem es hieß, „mit den beteiligten<br />

jüdischen Stellen" sei ein Abkommen geschlossen worden, „um die Abwanderung<br />

deutscher Juden nach Palästina weiterhin durch Zuteilung der erforderlichen<br />

Beiträge ohne übermäßige Inanspruchnahme der Devisenbestände der Reichsbank<br />

zu fördern und gleichzeitig die deutsche Ausfuhr nach Palästina zu steigern".<br />

Im November 1933 begannen die Bestimmungen des Haavara-Abkommens zu<br />

greifen. Sie erleichterten die Auswanderung der deutschen Juden nach Palästina bis<br />

Dezember 1939. Blockiertes jüdisches Vermögen wurde auf ein spezielles Konto der<br />

Haavara Ltd. bei der Reichsbank transferiert. Importeure in Palästina, die deutsche<br />

Waren einführen wollten, hinterlegten den Rechnungsbetrag in Palästina-Pfund bei<br />

der Anglo-Palestine Bank. Etwa die Hälfte des Betrags wurde an die deutsche<br />

Reichsbank überwiesen. Die Waren wurden von der Haavara Ltd. in Reichsmark<br />

aus dem blockierten Vermögen der jüdischen Auswanderer bezahlt, die im Gegenzug<br />

von der Haavara einen anteiligen Ausgleich <strong>für</strong> ihr blockiertes Vermögen erhielten,<br />

wenn sie in Palästina ankamen. Diese Ausgleichszahlungen wurden von dem<br />

Rest des Guthabens aus der ursprünglichen Rechnungssumme bestritten, die die<br />

Importeure in Palästina eingezahlt hatten. Obwohl die ungefähr 60 000 deutschen<br />

Juden, die zwischen 1933 und 1939 auf der Grundlage des Haavara-Abkommens<br />

nach Palästina auswanderten, den Großteil ihres Vermögens verloren, wurden doch<br />

insgesamt mehr als 100 Millionen Reichsmark nach Palästina transferiert, mit denen<br />

das Fundament <strong>für</strong> eine neue Existenz gelegt werden konnte 59 . Ohne Haavara wäre<br />

auch diese Summe verloren gewesen, und viele von denen, die auf diese Weise nach<br />

Palästina kamen, hätten Deutschland nicht verlassen können.<br />

Das NS-Regime zog aus dem Abkommen nur Vorteile: Haavara förderte die<br />

jüdische Auswanderung ohne die unerwünschte Begleiterscheinung einer Kapitalflucht,<br />

kurbelte die Exporte an und sicherte damit Arbeitsplätze in der Exportindustrie.<br />

Und nicht zuletzt war durch das Abkommen ein Keil in die (allerdings ohnehin<br />

relativ wirkungslose) anti-deutsche Boykottfront getrieben - warben doch nun<br />

die zionistische Bewegung und die palästinensischen Juden <strong>für</strong> die Einfuhr deutscher<br />

Waren nach Palästina. Erkennbar zufrieden über den Abschluß schrieb das<br />

Auswärtige Amt Ende August 1933 an den Generalkonsul in Jerusalem: „Es ist zu<br />

hoffen, daß die Durchführung des Abkommens zu einem Abflauen des Boykotts<br />

57 PA/AA, Sonderreferat-W, Finanzwesen 16, Bd. 1, AA an RMW vom 24. 6. 1933 und RMW an AA<br />

vom 22.7.1933. Vgl. auch Ernst Marcus, The German Foreign Office and the Palestine Question in<br />

the Period 1933-1939, in :Yad Vashem Studies 2 (1958), S. 182.<br />

58 Vgl. Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918-1945 (ADAP), Serie C, Bd. I/2, Nr. 369.<br />

59 Vgl. Feilchenfeld, Haavara-Transfer, S. 75.

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