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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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402 Marianne Doerfel<br />

I.<br />

Die hier behandelten sieben Internatsschulen galten seit langem als Eliteschulen, die<br />

ihre Aufgabe in der Erziehung und Bildung von Führungskräften sahen. Vier von<br />

ihnen entstanden als Antwort auf den berühmten Aufruf Martin Luthers an die Ratsherren<br />

und Stände, sich des evangelischen Schulwesens anzunehmen (1519). Sie<br />

wurden unter dem Sammelbegriff „Fürstenschulen" bekannt, nach ihren Stiftern,<br />

dem Kur<strong>für</strong>sten Moritz von Sachsen (1541-1553) und dem Kur<strong>für</strong>sten Joachim<br />

Friedrich I. von Brandenburg (1598-1608). Moritz von Sachsen machte den Anfang<br />

mit der Gründung von je einer Schule in dem aufgelassenen Zisterzienserkloster<br />

Pforte bei Naumburg (1543), dem Barfüßerkloster St. Afra in Meißen und dem<br />

Augustinerkloster St. Augustin in Grimma bei Leipzig. Kur<strong>für</strong>st Joachim Friedrich<br />

folgte ein halbes Jahrhundert später mit der Stiftung einer gelehrten Schule in seinem<br />

umgebauten Jagdschloß Joachimsthal in der Uckermark (1607).<br />

Bereits der ursprüngliche, später auch noch gebrauchte Name „Landesschule"<br />

zeigte an, daß hier begabten Landeskindern auf Kosten des Landes eine besonders<br />

sorgfältige Erziehung zuteil werden sollte, um sie auf ein Universitätsstudium vorzubereiten.<br />

Für das Aufnahmealter war das 12. Lebensjahr festgesetzt, und der<br />

Kenntnisstand mußte durch eine von der Schule abgenommene Prüfung nachgewiesen<br />

werden. Ziel war es, nicht nur evangelische Theologen heranzubilden, sondern<br />

auch qualifizierte Kräfte <strong>für</strong> den Staatsdienst. Zur Finanzierung wurde den Schulen<br />

nicht nur das (sehr unterschiedliche) Klostervermögen mit seinen Liegenschaften,<br />

Nutzungsrechten etc. zugeschlagen, sondern auch ein vom Fürsten bewilligtes Kapital<br />

ausgesetzt. Das galt auch <strong>für</strong> das nicht in einem Kloster entstandene Joachimsthalsche<br />

Gymnasium. Die Freistellen wurden in Sachsen nach einem in der Stiftungsurkunde<br />

festgelegten Schlüssel an eine Reihe namentlich aufgeführter Städte<br />

verteilt, deren Rat über die Vergabe entschied. Zur Ablösung von Kirchenlehen<br />

erhielt eine Anzahl adliger Familien 20-25% dieser Freistellen, die sie nach eigenem<br />

Ermessen besetzen konnten 2 . In Brandenburg sah man lediglich vor, daß 20% an<br />

den armen Dienstadel und verdiente Hofbeamte fallen sollten, um die anderen Stellen<br />

konnten sich die Söhne unbemittelter brandenburgischer Bürger bewerben. An<br />

allen Schulen gab es noch eine Reihe gestaffelter „Koststellen", <strong>für</strong> die das Bestehen<br />

der Aufnahmeprüfung gleichfalls bindend war. Diese Regelung bestand - mit einigen<br />

kleineren Veränderungen - bis zum Ende der Schulen. Die Freistellen galten <strong>für</strong><br />

sechs Jahre, also bis zum erst im Laufe des 19. Jahrhunderts eingeführten Abitur.<br />

Sap. Aude - Sapere Aude - Bote v. St. Afra, Augustiner Blätter. Herausgeber: Verein ehemaliger<br />

Fürstenschüler e. V. (nach 1945)<br />

Bote - Bote v. St. Afra, herausgegeben von der Schule (2-3 Ausg. jährl.)<br />

Der Kurier - Mitteilungsblatt des Vereins ehemaliger Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg<br />

an der Havel (nach 1945).<br />

2 Davon profitierte etwa, um nur ein besonders bekannt gewordenes Beispiel zu nennen, G. E. Lessing,<br />

Sohn eines kinderreichen Pfarrers, der eine Freistelle der Familie v. Carlowitz erhielt. Er war<br />

der berühmteste Schüler St. Afras, dem er 1741 -46 als Alumnus angehörte.

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