Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Zionismus im nationalsozialistischen Deutschland 1933-1939 371<br />
ten, emanzipierten Juden ankämpfen, denen relative Freiheit, Gleichheit vor dem<br />
Gesetz und die deutsche Staatsbürgerschaft zugebilligt waren. Für einige der antisemitischen<br />
Vordenker stellte sich in ihrer Auseinandersetzung mit dem Zionismus<br />
darüber hinaus die (schon <strong>für</strong> das Entstehen der Rassenlehre gegen Ende des<br />
19. Jahrhunderts zentrale) Idee einer jüdischen Weltverschwörung als ein Problem<br />
dar. Sowohl Eugen Dühring als auch Houston Stewart Chamberlain warnten vor<br />
den Gefahren, die die Errichtung eines unabhängigen jüdischen Staates mit sich<br />
bringen würde; sie behaupteten, der Zionismus sei ein Teil dieser Weltverschwörung,<br />
welcher ein unabhängiger Staat jene eigene Machtgrundlage verschaffen<br />
würde, von der aus dann die gesamte Welt unterworfen werden könne 16 . Obwohl<br />
also der Zionismus <strong>für</strong> die Förderung der jüdischen Emigration aus Deutschland als<br />
durchaus nützlich angesehen wurde, betrachteten ihn die Antisemiten nie als eine<br />
wirklich positive, gute Sache. Für die meisten Antisemiten waren auch die Zionisten<br />
nichts anderes als Juden - und damit die Verkörperung alles Unerwünschten, Minderwertigen<br />
und schlechthin Bösen.<br />
2. Zionismus und Nationalsozialismus in der Weimarer Republik<br />
Den Siegeszug der Nationalsozialisten in der zweiten Hälfte der Weimarer Republik<br />
als vorteilhaft oder gar als einen Glücksfall <strong>für</strong> die eigene Sache anzusehen,<br />
hatte die Zionistische Vereinigung <strong>für</strong> Deutschland (ZVfD) keinen Grund.<br />
Trotz ihres traditionellen Minderheitenstatus in einem in seiner überwältigenden<br />
Mehrheit assimilierten Judentum hielten es die deutschen Zionisten keineswegs<br />
<strong>für</strong> eine positive oder gar wünschenswerte Entwicklung, daß die Nationalsozialisten<br />
die Juden als eine eigene Volksgemeinschaft behandelt wissen wollten, ihre<br />
Emanzipation und Assimilation ablehnten und sie aus Deutschland zu entfernen<br />
trachteten. Unter den Zionisten gab es niemals auch nur die geringste Neigung,<br />
den Aufstieg der Nationalsozialisten als eine Bestätigung ihrer Weltanschauung<br />
willkommen zu heißen oder gar als eine langersehnte Chance zu begreifen, der<br />
eigenen Position innerhalb des deutschen Judentums zum Durchbruch zu verhelfen.<br />
Jedoch war die Führung der ZVfD in der Nachkriegszeit und vor allem nach der<br />
Balfour-Deklaration weit mehr als die zionistische Vorkriegsgeneration geneigt, ihre<br />
und die endgültige Bestimmung der Mehrheit der deutschen Juden in Palästina zu<br />
erblicken 17 . Angesichts der steigenden Popularität des Antisemitismus und des enormen<br />
Anwachsens der nationalsozialistischen Bewegung nach 1930 hielten daher<br />
16 23<br />
Houston Stewart Chamberlain, Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts, Bd. 1, München 1938,<br />
S. 387; Dühring, Judenfrage, S. 127.<br />
17<br />
Vgl. Jehuda Reinharz, The Zionist Response to Antisemitism in Germany, in: Yearbook of the Leo<br />
Baeck <strong>Institut</strong>e 30 (1985), S. 138.