Anhang - Institut für Zeitgeschichte
Anhang - Institut für Zeitgeschichte
Anhang - Institut für Zeitgeschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Zionismus im nationalsozialistischen Deutschland 1933-193 9 379<br />
Auswanderung sorgen. Autonome religiöse Einrichtungen, Schulen, Sportvereine,<br />
Wohlfahrtsverbände und Auswanderungsbüros benötigten Schutz und Hilfe. Mit<br />
besonderem Nachdruck betonte Rosenblüth die Notwendigkeit der Gewährung<br />
freier Ausreise unter Mitnahme des Vermögens <strong>für</strong> mindestens die Hälfte aller deutschen<br />
Juden über einen Zeitraum von zehn Jahren. Rosenblüth und die ZVfD schienen<br />
mithin anzunehmen, der Weg zum gemeinsamen zionistisch-deutschen Ziel der<br />
jüdischen Emigration könne im nationalsozialistischen Deutschland im wesentlichen<br />
unter denselben Bedingungen beschritten werden wie vor 1933.<br />
Auch Rosenblüths Konzept ließ keinen Zweifel daran, daß es am Ende vor allem<br />
auf die Unterstützung und das Wohlwollen der deutschen Regierung ankam. Aber<br />
es war zu vermuten, daß gerade wegen des massiven, antisemitisch motivierten<br />
Interesses des neuen Regimes an der Vertreibung der Juden nun Einschüchterung<br />
und Zwang an die Stelle von Freizügigkeit und Wohlwollen treten würden. Ungeachtet<br />
der Tatsache, daß beide Seiten im Prinzip übereinstimmend in den Juden eine<br />
genuine Volksgemeinschaft sahen und die Förderung der jüdischen Auswanderung<br />
aus Deutschland begrüßten, schloß der militante Antisemitismus des Regimes<br />
Rosenblüths Programm größtenteils von vornherein aus und machte die Bemühungen<br />
der ZVfD nahezu zunichte, den Juden eine ordentliche und wirtschaftlich gesicherte<br />
Auswanderung zu ermöglichen. Am Ende mußte sich die ZVfD eingestehen,<br />
daß jüdisches Leben in Deutschland unwiderruflich verloren war und daß es nur<br />
darum gehen konnte, im Tageskampf der erzwungenen Auflösung des deutschen<br />
Judentums zu retten, was zu retten war.<br />
Die Splittergruppe der zionistischen Revisionisten, die Staatszionistische Organisation<br />
(Vereinigte Revisionisten Deutschlands), arbeitete getrennt von der ZVfD<br />
und oft auch gegen diese in dem Versuch, Beziehungen mit den deutschen Behörden<br />
anzuknüpfen und eine selbständige Rolle in dem Prozeß der Auswanderung der<br />
Juden aus Deutschland zu spielen 43 . Unter der umstrittenen Führung von Georg<br />
Kareski mußten sich die Staatszionisten ebenso wie die ZVfD öffentlich den politischen<br />
Grundsätzen der Nationalsozialisten anpassen 44 . Angesichts der öffentlichen<br />
43 Dazu im einzelnen Francis R. Nicosia, Revisionist Zionism in Germany I. Richard Lichtheim and<br />
the Landesverband der Zionisten-Revisionisten in Deutschland, 1926-1933, in: Yearbook of the<br />
Leo Baeck <strong>Institut</strong>e 31 (1986), S. 209-240. Die deutsche revisionistisch-zionistische Bewegung war<br />
seit 1931 zerstritten, als der revisionistische Landesverband unter Lichtheim formell aus der ZVfD<br />
austrat. Zur weiteren Zersplitterung kam es durch den gleichzeitigen Richtungskampf in der World<br />
Zionist Organization (WZO), von der sich Vladimir Jabotinsky und seine Anhänger trennen wollten.<br />
Im April 1934 entstand die Staatszionistische Organisation aus den Resten des alten revisionistischen<br />
Landesverbandes. Dadurch kamen die deutschen Revisionisten, die Jabotinsky unterstützt<br />
hatten, und die Anhänger Lichtheims und des russischen Revisionisten Meier Grossmann, die in der<br />
WZO bleiben wollten, an einen Tisch. Während die internationale revisionistische Bewegung<br />
getrennt blieb (nämlich in Jabotinskys New Zionist Organization und Meier Grossmanns Jewish<br />
State Party), blieben die deutschen Revisionisten unter dem Druck der schwierigen Lage nach 1933<br />
zusammen.<br />
44 Zur Kontroverse um Kareski vgl. Nicosia, Revisionist Zionism II, S. 251-267; Herbert Levine, A<br />
Jewish Collaborator in Nazi Germany. The Strange Career of Georg Kareski, 1933-1937, in: Cen-