Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Renaissance und Zerstörung der kommunalen Selbstverwaltung in der SBZ 489<br />
munale Unternehmen, die unter Aufsicht des Ersten Bürgermeisters, des Stadtkämmerers<br />
und des Bauamtes standen 111 .<br />
Auch in Chemnitz wurden zur Bewältigung der Probleme im Mai 1946 eine kommunale<br />
„Neuaufbau G.m.b.H." und eine „Baustoffbeschaffungs G.m.b.H."<br />
gegründet - eine perspektivische Stärkung selbstverwalteter Kommunalwirtschaft,<br />
obwohl der Chemnitzer Oberbürgermeister Max Müller aus der KPD kam und<br />
über keine Erfahrungen aus der Zeit vor 1933 verfügte. Es gibt Hinweise in der<br />
DDR-Literatur, daß es solche gemeinwirtschaftlichen Bestrebungen - auch im Sinne<br />
klassischer munizipalsozialistischer Ideen - zeitweise in mehreren Städten der SBZ<br />
gab 1 ' 2 .<br />
Kommunale Selbstverwaltung in der demokratischen Tradition der Weimarer<br />
Republik entfaltete sich in der SBZ bis in das Jahr 1948 hinein, und es ist erstaunlich,<br />
in welchem Maße deren klassisches politisches und wirtschaftliches Instrumentarium<br />
dort vorübergehend zur Wirkung kam. Es wurde sogar an die expansive<br />
Stadtentwicklungspolitik von vor 1933 angeknüpft, wenn - wie in Dessau - von den<br />
Nationalsozialisten rückgängig gemachte Eingemeindungen restituiert wurden 113 .<br />
Wenn dem Wiederaufbau der Städte trotzdem große materielle Schwierigkeiten entgegenstanden,<br />
konnten beachtliche Erfolge auf den Gebieten der sozialen und<br />
gesundheitlichen Daseins<strong>für</strong>sorge erzielt werden. Bei der Meisterung der kritischen<br />
Versorgungslage in den ersten Jahren nach Kriegsende wurde den Städten in der<br />
SBZ weniger Hilfe von den jeweiligen Landes- bzw. Provinzialverwaltungen zuteil,<br />
als sich hier örtliche sowjetische Militärkommandanten um Unterstützung bemühten<br />
114 . Erhebliche und vielerorts auch erfolgreiche Anstrengungen wurden bei der<br />
Reorganisation der kommunalen medizinischen Versorgung und dem Wiederaufbau<br />
von Kliniken unternommen 115 .<br />
Auch bei der Wiederingangsetzung des städtischen Kulturlebens wurden Bürgermeister<br />
und kommunale Verwaltungen tatkräftig von der örtlichen sowjetischen<br />
Militäradministration unterstützt, die diesem gesellschaftlichen Bereich ein besonderes<br />
Interesse entgegenbrachte. So konnte es geschehen, daß, während viele Städte<br />
noch weitgehend in Trümmern lagen, bereits 1945 erste Theater- und Konzertaufführungen<br />
stattfanden. Keines der großen Theater in Dresden, Leipzig und Chem-<br />
111 Vgl. Welz, Die Stadt, die sterben sollte, S. 258 f.<br />
112 Vgl. Herbert Winter, Die Herausbildung demokratischer Verfassungsorgane in Chemnitz (Karl-<br />
Marx-Stadt), in: Staat und Recht, H. 5, 1969, S. 740-753, hier: S. 751.<br />
113 Hesse, Erinnerungen, S. 120.<br />
114 Ein Beispiel hierzu u. a. bei Hesse, ebd., S. 114; immer wieder beschrieben wird in der DDR-Literatur<br />
die Hilfsaktion <strong>für</strong> Dresden, die die städtische Verwaltungsspitze nach Gesprächen mit Anastas<br />
Mikojan und Marschall Konjew in Gang bringen konnte (vgl. u. a. Seydewitz, Die unbesiegbare<br />
Stadt, S. 282; Welz, Die Stadt, die sterben sollte, S. 126 ff.).<br />
115 Hierzu das Beispiel Magdeburg: Ein Jahr Aufbauarbeit in Magdeburg, S. 46 f.; vgl. auch Seydewitz,<br />
S. 17 ff.; zur Entwicklung auf dem Gesundheitssektor generell: Wilhelm Weiß, Das Gesundheitswesen<br />
in der sowjetischen Besatzungszone. 3., völlig umgearb. und erw. Aufl., Bonn 1957; Im Dienst<br />
am Menschen. Erinnerungen an den Aufbau des neuen Gesundheitswesens 1945-1949, Berlin (Ost)<br />
1985.