Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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382 Francis R. Nicosia<br />
regierungen auf die Unterstützung der deutschen zionistischen Bewegung zurück,<br />
mit deren Hilfe schon während der Weimarer Republik der Export deutscher Güter<br />
nach Palästina gefördert worden war.<br />
Im Haavara-Abkommen, das die Reichsregierung im August 1933 mit Vertretern<br />
der zionistischen Bewegung abschloß, liefen die verschiedenen Stränge nationalsozialistischer<br />
Juden- und Wirtschaftspolitik offensichtlich zur Zufriedenheit aller<br />
zusammen 53 . Das Interesse an einem Abkommen, das es den Juden erlauben würde,<br />
zumindest mit einem Teil ihres Besitzes (auf dem Umweg über deutsche Exporte)<br />
nach Palästina auszuwandern, war nicht nur bei den deutschen und den palästinensischen<br />
Zionisten, sondern auch im Auswärtigen Amt, im Wirtschaftsministerium<br />
und bei der Reichsbank ziemlich groß. Die Transferidee war keineswegs neu:<br />
Bereits 1932 hatte Sam Cohen von der palästinensischen Hanotaiah Ltd. Verhandlungen<br />
mit der deutschen Regierung darüber aufgenommen, die Beschränkungen<br />
<strong>für</strong> den Kapitalabfluß, die die Regierung Brüning 1931 angeordnet hatte, dadurch<br />
auszugleichen, daß deutsche Juden, die nach Palästina auswandern wollten, einen<br />
Teil ihres Vermögens in Form deutscher Waren mitnehmen konnten 54 . Nach 1933<br />
war es natürlich vor allem die wachsende Verfolgung der Juden und weniger die<br />
ungünstige deutsche Wirtschaftslage, welche die zionistische Bewegung veranlaßte,<br />
ein größeres Transferabkommen anzustreben. Die Nationalsozialisten ihrerseits<br />
kamen ungeachtet aller Entschlossenheit, die jüdische Emigration voranzutreiben,<br />
nicht um die Anerkennung der wirtschaftlichen Gegebenheiten herum, die die Auswanderung<br />
der Juden in den dreißiger Jahren besonders erschwerten 55 : Wirtschaftskrise,<br />
hohe Arbeitslosigkeit und eine daraus resultierende wachsende Feindseligkeit<br />
gegenüber Einwanderern in den potentiellen Aufnahmeländern sowie der berufliche<br />
und schichtenspezifische Hintergrund der meisten deutschen Juden (die angesichts<br />
ihrer tiefen Verbundenheit mit Deutschland ohnehin zögerten, ihre Heimat zu verlassen)<br />
machten die Auswanderung zu einem langwierigen und komplizierten Prozeß.<br />
Der Druck in Richtung auf ein Transferabkommen kam im Mai und Juni 1933<br />
aus Jerusalem 56 . Im Auswärtigen Amt unter Konstantin von Neurath, aber auch im<br />
Reichswirtschaftsministerium und der dortigen Reichsstelle <strong>für</strong> Devisenbewirtschaftung<br />
sowie in der Reichsbank unter Hjalmar Schacht war man sich sehr schnell darüber<br />
einig, daß die Argumente von Heinrich Wolff, dem deutschen Generalkonsul<br />
53<br />
Dazu ausführlich Feilchenfeld, Haavara-Transfer, S. 15-85; Francis R. Nicosia, The Third Reich<br />
and the Palestine Question, Austin 1985, Kap. 3.<br />
54<br />
PA/AA, Sonderreferat-W, Finanzwesen 16, Bd. 2, Stellungnahme Cohens <strong>für</strong> das Jewish Telegraphic<br />
Agency Bulletin vom 27. 9. 1933. Cohen erreichte eine begrenzte Transfer-Vereinbarung, die<br />
vom RMW im März 1933 unterzeichnet wurde.<br />
55<br />
Vgl. Hermann Graml, Die Auswanderung der Juden aus Deutschland zwischen 1933und 1939,in:<br />
Gutachten des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Zeitgeschichte</strong>, Bd. 1, München 1958, S. 79f.<br />
56<br />
PA/AA, Sonderreferat-W, Finanzwesen 16, Bd. 1, DGK Jerusalem an AA vom 15., 24. und 27.6.<br />
1933.