Anhang - Institut für Zeitgeschichte
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Zionismus im nationalsozialistischen Deutschland 1933-1939 397<br />
die sich allerdings entsprechend der Verfahrensweise des SD veränderten. Zwar<br />
blieb die ZVfD als Organisation verboten, aber der SD unterstützte die Bemühungen<br />
des Palästinaamts, seine Arbeit so schnell wie möglich wieder aufzunehmen,<br />
und half mit, Zweitschriften der in der Pogromnacht zerstörten britischen Einwanderungszertifikate<br />
<strong>für</strong> Palästina wiederzubeschaffen 118 . In Berlin und Wien ordnete<br />
der SD außerdem die Freilassung aller in der „Kristallnacht" verhafteten Juden an,<br />
die in irgendeiner Verbindung mit dem Palästinaamt standen 119 .<br />
Die SS war 1939/40 auch an der Organisation der „illegalen" Einwanderung von<br />
Juden nach Palästina beteiligt 120 . Als Antwort auf die britischen Einwanderungsbeschränkungen<br />
hatten 1937 eine Gruppe von Labour-Führern und Hagana-Funktionären<br />
die Mossad le Aliyah Bet (Komitee <strong>für</strong> illegale Einwanderung) gegründet, die<br />
noch im selben Jahr ihr Hauptquartier in Paris errichtete, um von dort aus die europäische<br />
Seite der illegalen Einschleusung von Juden nach Palästina unter Umgehung<br />
der britischen Blockade zu organisieren 121 . 1938 wurden Mossad-Agenten nach<br />
Berlin und Wien entsandt, um mit dem SD und der Gestapo Verbindungen aufzubauen,<br />
die die heimliche Verschiebung von Juden aus Mitteleuropa nach Palästina<br />
erleichtern sollten 122 . Tatsächlich organisierten die Mossad-Leute mit Billigung von<br />
NS-Stellen in „Großdeutschland" Transporte von Juden, die bereit waren, über die<br />
illegale Route auszuwandern. Ehud Avriel, damals Mossad-Agent in Wien, schrieb<br />
dazu später: „Vor dem Zweiten Weltkrieg waren unsere Operationen in Deutschland<br />
weder illegal noch geheim. Das Büro der Gestapo war gerade auf der anderen<br />
Straßenseite von unserem, und sie wußten ganz genau, wer wir waren und was wir<br />
taten. Die Illegalität fing erst vor der Küste Palästinas an, wo die britische Blockade<br />
war." 123<br />
Gestapo und SD zeigten sich gegenüber den Plänen und Initiativen der Mossad<br />
recht aufgeschlossen. Auf einer großen, von Göring einberufenen Konferenz über<br />
die „Judenfrage" am 12. November 1938 gab Heydrich die Komplizenschaft des SD<br />
bei der Planung illegaler Auswanderung aus Österreich zu 124 . Um die Mitwirkung<br />
der Wiener Polizeibehörden und des Gauleiters Josef Bürckel sicherzustellen, arbeiteten<br />
die Mossad-Agenten mit Wolfgang Karthaus zusammen, einem hochrangigen<br />
österreichischen Nationalsozialisten 125 . Auf diesem Wege erhielt man jugoslawische<br />
Transitvisa, die es den österreichischen Juden ermöglichten, in jugoslawischen<br />
118<br />
Eichmann Trial, card 17,25.4.1961.<br />
119<br />
IfZ, Eichmannprozeß-Beweisdokumente Nr. 742.<br />
120<br />
Vgl. Kurt Jacob Ball-Kaduri, Die illegale Einwanderung der deutschen Juden in Palästina<br />
1939-1940, in: Jahrbuch des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> deutsche Geschichte 4 (1975), S. 388 f.<br />
121<br />
Vgl. Jon und David Kimche, The Secret Roads. The Illegal Migration of a People, 1938-1948,<br />
London 1954, S. 23 ff.<br />
122<br />
Vgl. Höhne, Orden unter dem Totenkopf, S. 318 ff., und Kimche, Secret Roads, S. 23 ff. Der Mossad-Agent<br />
in Berlin war Pino Ginzburg, während in Wien offenbar verschiedene Agenten immer<br />
wieder einmal auftauchten, so Moshe Auerbach und Ehud Avriel.<br />
123<br />
Ehud Avriel, Open the Gates, New York 1975, S. 28.<br />
124<br />
IMT, Bd. 28, S. 532.<br />
125<br />
Dazu und zum folgenden Avriel, Open the Gates, S. 42 ff. bzw. S. 71 f., 89, 91.