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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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Der Griff des NS-Regimes nach Elite-Schulen 423<br />

ist zwar in den ersten Jahren der Hitlerherrschaft in national-konservativen Kreisen<br />

sehr verbreitet gewesen, zeigt sich aber doch hier in besonders auffälliger Form 49 . So<br />

fand man etwa in der Zusage, Schulpforta solle weiterhin eine Auslesefunktion<br />

behalten, eine Beruhigung, die noch verstärkt wurde durch die Berufung eines erst<br />

Ende 1934 an das Joachimsthalsche Gymnasium versetzten Oberstudienrats, der im<br />

Sommer 1935 als „Studienleiter" nach Schulpforta kam. Der Anstaltsleiter, wie die<br />

neue Bezeichnung lautete, war in erster Linie <strong>für</strong> die politische und organisatorische<br />

Neustrukturierung zuständig 50 .<br />

Im Jahr 1938 wurden 15 „Jungmannen" der NPEA Schulpforta ausgewählt, um<br />

die Erfolge der nationalsozialistischen „Erneuerung" bei der Ausleseerziehung im<br />

Ausland zu demonstrieren. Es ging dabei um die Gewinnung der englischen Öffentlichkeit.<br />

In sportlichen Wettkämpfen mit einer Reihe englischer Public Schools zeigten<br />

die als Vertreter der „Famous Public School Schulpforta" in London begrüßten<br />

„Jungmannen" sich in der offiziell gewünschten Bestform: sportlich überlegen, im<br />

übrigen aber bescheiden, höflich und diszipliniert. Alle hatten neue, zivile Anzüge<br />

erhalten, traten zurückhaltend und korrekt auf und wurden „fast überall sehr herzlich<br />

aufgenommen", wie der begleitende Lehrer in der Novembernummer der<br />

Schulzeitung „Pförtner Blätter" berichtete. „Die Engländer bewundern die gutgewachsenen<br />

und sportgestählten Körper unserer Jungmannen." Ungeniert wurde der<br />

Ursprung des alten Klosters zur Pforte <strong>für</strong> den Nationalsozialismus vereinnahmt:<br />

„... unsere mehr als achthundertjährige Tradition beeindruckte selbst die selbstbewußten<br />

Harrow boys." Häufige Fragen nach deutschen Kriegsabsichten erfuhren<br />

ruhige Zurückweisung; <strong>für</strong> das, was jetzt aufgebaut werde, brauche man viele Jahre<br />

des Friedens. Bei Erörterungen über die Behandlung der Juden zeigten sich die Engländer<br />

allerdings „verständnislos".<br />

Welche veränderten Maßstäbe der Auslese nunmehr zugrundegelegt wurden,<br />

geht aus der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft und den Berufswünschen<br />

49 Über einen Besuch in der NPEA Schulpforta am 9. November 1935 berichteten einige Vorstandsmitglieder<br />

in: Pf. Bl., N. F., H. 1., Jan. 1936, S. 2 ff. Es sollten „Brücken zwischen dem Alten und dem<br />

Neuen" geschlagen werden, und der Eindruck war eher positiv: „... müssen wir gestehen, daß wir<br />

leichteren Herzens heimgekehrt als wir gekommen sind." Im Vertrauen auf das vorgebliche Interesse<br />

der NS-Machthaber wurde den abgehenden Schülern der NPEA die Mitgliedschaft im Pförtnerbund<br />

angeboten. Diese Gemeinschaft wurde 1940 von der NPEA aufgekündigt „wegen des<br />

andersartigen Aufbaus und der verschiedenen Zielsetzung" des Pförtnerbundes (Pf. Bl., N. F. 5. Jg.,<br />

Dez. 1940). Vgl. auch H. Scholtz, S. 124 ff.<br />

50 Bei der Einrichtung der NPEA ging man von dem biologischen Grundsatz des Ferments aus, wie er<br />

auch in der Frühgeschichte des Nationalsozialismus zu beobachten ist. Nach Schulpforte wurden<br />

10 „Jungmannen" der bereits ein Jahr bestehenden NPEA Ilfeld/Harz als Führer versetzt, um die<br />

neue Gemeinschaft in die gewünschten Bahnen zu lenken. Nach der gleichen Methode wurden<br />

jeweils „Jungmannen" der älteren NPEA an Neugründungen verlegt. So wurde der 4. u. 5. Zug der<br />

NPEA Schulpforte (Tertia) zur Einrichtung der 1942 gegründeten NPEA Neubeuern/Obb. (ein<br />

1926 gegründetes Landschulheim) abkommandiert. Mit der Leitung von Neubeuern wurde kommissarisch<br />

der Anstaltsleiter von Schulpforte, Dr. Person, betraut. Ähnlich verfuhr man mit den Lehrern,<br />

meist Assessoren und Referendare, die ihre erste praktische Lehrerfahrung an den älteren<br />

NPEA (Potsdam, Köslin, Spandau, Bensberg/Rh) erhalten hatten und häufig versetzt wurden.

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