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Anhang - Institut für Zeitgeschichte

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Der Griff des NS-Regimes nach Elite-Schulen 441<br />

Bemerkenswert ist, daß aus Roßleben keine Klassen herausgenommen wurden,<br />

um beim Aufbau anderer Heimschulen mitzuwirken. Der Grund mag darin zu<br />

suchen sein, daß man sich eine bessere Kontrolle davon versprach, alle potentiellen<br />

Unruhestifter an einer Stelle zusammenzuhalten 97 . Statt dessen wurden weiterhin<br />

Schüler mit Beobachtungsaufträgen eingewiesen, gegen deren -rasch erkannte -<br />

Funktion entsprechende Vorsichtsmaßnahmen verabredet wurden.<br />

Unter den aktiv am Widerstand Beteiligten war eine verhältnismäßig hohe Zahl<br />

alter Roßleber Schüler. Fast alle, bis auf den Generalfeldmarschall Erwin v. Witzleben,<br />

hatten die Schule nach dem Ersten Weltkrieg besucht und blieben anschließend<br />

in mehr oder minder engem Kontakt 98 . Für ihre unterschiedliche und sich im Lauf<br />

der Jahre ändernde Beurteilung der nationalsozialistischen Herrschaft war die Roßleber<br />

Erziehung zweifellos nicht allein maßgeblich. Immerhin hatte sich aber dort<br />

ein Kreis getroffen, dessen geistige Gleichgestimmtheit durch die gemeinsamen<br />

Jahre im Internat gefestigt worden war und dessen Angehörige frühzeitig gelernt<br />

hatten, Selbst- und Mitverantwortung in allen Konsequenzen zu akzeptieren.<br />

VII.<br />

Eine ähnliche Gesamtkonzeption in erzieherischer Hinsicht hatten die Ritterakademien,<br />

deren Name bereits darauf hinweist, daß es sich um ehemalige Standesschulen<br />

handelte, die <strong>für</strong> die Söhne des in der jeweiligen Provinz beheimateten Adels<br />

geschaffen worden waren. In Brandenburg war es das weltliche Domkapitel, das<br />

1705 angesichts des geringen Bildungsstands bei der märkischen adligen Jugend eine<br />

höhere Schule gründete, in den Räumen des leeren Prämonstratenserklosters auf<br />

der Dominsel. Die Schule war mit keiner Stiftung ausgestattet, stand auch nicht<br />

unter dem Patronat des Königs, und der Dom zu Brandenburg war mit keinen nennenswerten<br />

Einkünften versehen. Der Unterhalt mußte daher aus den regelmäßig zu<br />

zahlenden Beiträgen der märkischen Ritterschaft und den Pensions- und Schulgeldern<br />

bestritten werden. Für die Schulangelegenheiten war ein jeweils von der Standesorganisation<br />

berufener Kurator verantwortlich, der gleichzeitig Domherr war<br />

97 Für diese Vermutung spricht der Fall eines Schülers, der 1943 nach einer Vernehmung durch die<br />

Gestapo nach Roßleben kam. Er stammte aus einer in Schlesien ansässigen bekannten Familie und<br />

hatte den Gesinnungswandel des Vaters nachvollzogen und sich zu unvorsichtigen Äußerungen hinreißen<br />

lassen. Mündl. Mitteilung O. v. Pannwitz, Hamburg 1986.<br />

98 Auf die persönlichen Beziehungen geht Detlef Graf Schwerin ein in: „Der Weg der Jungen Generation'<br />

in den Widerstand", in: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus, hrsg. v. J. Schmädeke<br />

u. P. Steinbach, 1986. Zu den Roßleber Schülern im Widerstand gehörten neben v. Witzleben<br />

N. v. Halem, E. Hayessen, U.-W. Graf Schwerin-Schwanenfeld, H. Graf Lehndorff (hingerichtet),<br />

E. v. Breitenbuch, E. v. Borsig, A. v. Kessel, J. A. Graf v. Kielmansegg, G. B. v. Wussow. Auch der erst<br />

später zum Widerstand stoßende Berliner Polizeipräsident Graf v. Helldorff war Roßleber Schüler.<br />

Wieweit andere, weniger prominente ehemalige Schüler zum Widerstand gehörten, ist nicht<br />

bekannt. Die Sammlung der Lebensläufe durch den Altschülerverband ist noch nicht vollständig,<br />

und durch die hohe Zahl der Gefallenen bestehen viele Lücken.

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