EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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möchte ich eine Aufzählung anbieten: Möbel, Geschirr, Toilettartikel, Werkzeug,<br />
Kochgelegenheit, religiöse Gegenstände, Putzgegenstände, Schreibzeug, Bekleidung,<br />
Kalender, Spielzeug, Zeitung, Fernseher, Radio, PC, Architektur, Auto.<br />
Diese Aufzählung ließe sich weiterführen <strong>und</strong> auch differenzieren – unzählige<br />
Gegenstände würden gef<strong>und</strong>en werden, wie auch jede/r unterschiedliche<br />
nennen <strong>und</strong> priorisieren würde. Dinge des Alltags, des täglichen Lebens. Dinge,<br />
über welche man sich nur Gedanken macht, wenn sie gerade einmal nicht<br />
an dem Ort sind, wo sie sein sollen oder wenn sie kaputt sind. Dinge, welche<br />
zu funktionieren haben <strong>und</strong> bei der Anschaffung bestimmten ästhetischen<br />
oder monetären Kriterien unterworfen waren. Dinge, die zwar von jeder/m<br />
überall wiedererkennbar sind, aber dennoch überall anders aussehen. Zudem<br />
gibt es Regionalspezifika, wie beispielsweise spezielle Steigeisen, jazini genannt,<br />
welche noch vor wenigen Jahrzehnten zur Standardausrüstung der Triestinerinnen/Triestiner<br />
gehörten, um sich auch im Winter bei <strong>und</strong> nach einem<br />
Besuch des eisigen Adriawindes Bora auf den Straßen fortbewegen zu können.<br />
2 Schon 50 Kilometer weiter nördlich würden solche jazini völlig ihren Wert<br />
verlieren, da die Geodynamik dort ebensolche entbehren lässt. Somit wird<br />
deutlich, welch engen Spielraum Dinge des täglichen Lebens haben können<br />
<strong>und</strong> wie schnell man sich auf andere Gegebenheiten einlassen muss, will man<br />
dort sein tägliches Leben verbringen. Dies weist aber auch auf den Einfluss<br />
hin, den die Natur auf die Kultur ausübt: die Bedingtheit der Kultur der Natur<br />
gegenüber.<br />
Um auf die Frage zurückzukommen, wie man Alltagskultur fassen kann, ist es<br />
meines Erachtens nicht ausreichend, Dinge des täglichen Lebens zu betrachten<br />
<strong>und</strong> sich daran zu erinnern, dass diese Dinge Teil einer langen oder auch<br />
kurzen Kulturgeschichte, einer Zivilisationsgeschichte der Menschen sind – geprägt<br />
von geographischen Gegebenheiten (also die natürliche Komponente, an<br />
die man sich anpassen musste oder versuchte, sie zu verändern) wie auch<br />
durch soziale <strong>und</strong> religiöse Bedingtheiten. Diese Vorbedingungen, durch welche<br />
Alltagsgegenstände entstehen, zeigen deren hohe Kulturalität – <strong>und</strong> das<br />
nicht erst, seit Marcel Duchamp durch ready mades (wie beispielsweise das<br />
1917 entstandene „Fountain“) die <strong>Kunst</strong>szene in Aufruhr brachte <strong>und</strong> die<br />
2 Koroschitz, Werner, Rauer Wind, in: Pilgram, Gerhard / Berger, Wilhelm / Koroschitz, Werner, Tiefer<br />
gehen. Wandern <strong>und</strong> Einkehren im Karst <strong>und</strong> an der Küste, 179.<br />
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