EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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Tan da zacan o tan moderna ie pa la leteratura ladina de ncueic<strong>und</strong>ì? –<br />
Wie altmodisch oder wie modern ist die ladinische Literatur heute?<br />
Einzelne Werke der modernen ladinischen Literatur können sich heute durchaus<br />
mit Werken der ihr umringenden Regionalliteraturen wie jener Südtirols<br />
messen. Als Beispiel sei hier die Lyrik von Felix Dapoz (1938, Gadertal) genannt,<br />
die stark von der gewohnten, leicht verständlichen <strong>und</strong> einfachen Sprache<br />
der Lyrik der meisten ladinischen Autoren abweicht. Es handelt sich bei<br />
Dapoz nicht mehr um gesprochenes, alltägliches Ladinisch, sondern wir haben<br />
es hier, ähnlich wie bei Frida Piazza, mit einem erarbeiteten poetischen Hochladinisch<br />
zu tun. Die behandelten Themen überschneiden sich zwar vielfach<br />
mit jenen anderer ladinischer Autoren – die Natur, der Mensch, die <strong>Kunst</strong>, die<br />
Fre<strong>und</strong>schaft, die Liebe, die Religion, der Tod – doch er verarbeitet sie nicht<br />
mehr mit der gleichen Heimatbindung <strong>und</strong> Heimatverb<strong>und</strong>enheit wie diese.<br />
Dapoz hat sich lyrisch immer mehr von Ladinien gelöst, er lebt heute in Toblach<br />
<strong>und</strong> seine Themen sind universell.<br />
Immer häufiger werden ladinische Werke auch von kommerziellen Verlagen<br />
veröffentlicht. Jüngeren Datums ist die Lyrikerin Roberta Dapunt (1970), deren<br />
italienische Gedichte u.a. vom Verlagshaus Einaudi im Mailand veröffentlicht<br />
wurden. Der 2012 auf Ladinisch entstandene <strong>und</strong> ins Deutsche übersetzte<br />
Lyrikzyklus Nauz (Futtertrog der Schweine) formal wie inhaltlich auf hohem literarischen<br />
Niveau fand letzthin außerhalb Ladiniens großen Anklang.<br />
2011 veröffentlichte der Hermagoras / Mohorjeva Verlang in Klagenfurt Lirica y<br />
prosa da piz a cianton / Lyrik <strong>und</strong> Prosa kreuz <strong>und</strong> quer mit ladinischer Literatur<br />
in deutscher Übersetzung von Rut Bernardi (1962). In der Art einer Anthologie<br />
werden darin Prosa, Lyrik, Dramatik, Sprachspiele <strong>und</strong> Essays aus den letzten<br />
20 Jahren vorgestellt. Von Rut Bernardi erschienen bereits 2003 Gherlandes<br />
de sunëc / Sonettenkränze im Studienverlag Skarabäus in Innsbruck, woraus<br />
hier ein Beispiel präsentiert wird, da die Wiederentdeckung <strong>und</strong> Belebung der<br />
mittelalterlichen Gedichtform des Sonettes in den neueren Strömungen der<br />
europäischen Literaturentwicklung unübersehbar sind.<br />
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