EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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wurden zum Beispiel die Bregenzer Festspiele <strong>und</strong> der Prager Frühling gegründet,<br />
1947 das Holland Festival <strong>und</strong> das Edinburgh Festival, 1949 Dubrovnik <strong>und</strong><br />
die Biennale in Venedig oder 1952 das Festival Ljubljana.<br />
Dubrovnik, eine Stadt mit 40 verschiedenen Festspielschauplätzen, ganz im<br />
Sinne von Max Reinhardts auf Salzburg gemünztes „Die ganze Stadt ist Bühne“,<br />
wollte sich auch in den düstersten Jahren der 1990er Jahre behaupten. Im<br />
Dezember 1991 wurde ein Konzert zu Ehren von Wolfgang A. Mozart organisiert<br />
<strong>und</strong> die serbische Soldateska, oben auf dem Berg Zarkovica, antwortete<br />
mit dem heftigsten Artilleriebeschuss seit Kriegsbeginn.<br />
Die Entwicklung h<strong>und</strong>erter Festivals in den vergangenen Jahrzehnten hat keine<br />
ideengeschichtliche Gr<strong>und</strong>lage. Die Festivalitis entstand meist aus rein<br />
wirtschaftlichen Interessen. Das ist nicht weiter böse, muss aber dargestellt<br />
werden. Vor einer bloß zur Ankurbelung des Tourismus geschaffenen Kette von<br />
Events gehen weder Impulse für Identität noch für europäische Zusammenschau<br />
aus. Da muss man sich nicht w<strong>und</strong>ern, wenn dann wie in Triest statt des<br />
Kulturzentrums ein Outletcenter in ein verlassenes Industriegelände kommt.<br />
Eine kalte Rechnung einfach.<br />
Zusammenfassend, was leisten die Salzburger Festspiele für die europäische<br />
Kultur, was macht sie so einzigartig? Volker Gerhardt sagte dazu bei den von<br />
Michael Fischer seit Jahren so liebevoll <strong>und</strong> kompetent geplanten Festspiel-<br />
Dialogen: „Salzburg muss ein Gesamtkunstwerk werden, das die Einheit der<br />
Gegensätze <strong>und</strong> Unterschiede zu einer europäischen Solidarität fügt.“<br />
Die Festspiele als Friedenswerk – daher laden wir fast alljährlich das West-Eastern<br />
Divan Orchestra mit Daniel Barenboim an der Spitze zu den Festspielen,<br />
das nächste Mal 2013 zu Pfingsten. Junge Musiker aus den verfeindeten,<br />
kriegführenden Ländern des Mittleren Ostens spielen unter der Führung von<br />
Daniel Barenboim das „Deutsche Requiem“ von Brahms. Und das Simón<br />
Bolívar Orchestra, ein Sozialprojekt, mit dem Kinder aus den Favelas Venezuelas<br />
geholt wurden, führt uns die Macht der Musik im Sommer 2013 vor Augen.<br />
Die Festspiele sind aber auch ein wichtiger europäischer Gedächtnisort, ganz<br />
im Sinne des von Prof. Ottmann zitierten „keine Zukunft ohne Herkunft“.<br />
Wichtig ist auch die Tatsache, dass die Festspiele narrative Intelligenz verkörpern.<br />
Die vergangenen Pfingstfestspiele erzählten vier Tage lang die große<br />
Geschichte von Cleopatra, Caesar <strong>und</strong> Marc Anton. Erzählt von den Komponisten<br />
verschiedenster europäischer Länder, interpretiert von Sängern aus aller<br />
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