EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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Beispiel/Konstellation 3: Österreichische Autoren der Gegenwart zwischen<br />
TriestTouristen <strong>und</strong> Triestiner Schicksalen<br />
Dass Triest <strong>und</strong> sein Raum in den letzten drei, vier Dekaden auf österrei chische<br />
Autoren eine besondere Attraktion ausgeübt hat, ist durch zahlreiche Anthologien<br />
oder prägnante Textstellen hinlänglich bekannt. Schon Ingeborg Bachmann<br />
hat Triest im Roman Malina (1970) als einen jener Orte ihrer ausgeklügelten<br />
Gedächtnistopographie identifiziert, in dem sie sich, obwohl nie physisch wohnhaft,<br />
zu Hause gefühlt habe, nicht zuletzt deshalb, weil Italo Svevos Roman La<br />
Coscienza di Zeno seit den Frankfurter Vorlesungen (1959/60) für Bachmann<br />
gleichsam schreib-existenzielle Referenz war. 21 Nach ihr hat bekanntlich Hilde<br />
Spiel mit dem schmalen aber eindringlichen Roman Mirko <strong>und</strong> Franca (1980)<br />
der Stadt ebenfalls Reverenz erwiesen. Unter den Anthologien sei (neben meiner<br />
eigenen im Rahmen des Städteprojekts Graz translokal/Lichtungen, 1998)<br />
zunächst auf jene der edition umbruch 1992 verwiesen, die erstmals die ‚kanonischen‘<br />
italienischen <strong>und</strong> neuere österreichische Stimmen auch mit Hinweisen<br />
auf die slowenische Kultur/Literatur angereichert hat, was in den 1990er Jahren<br />
z.T. noch Tabu-Charakter hatte <strong>und</strong> anlässlich von Präsentationen, z.B. des Lichtungen-Bandes,<br />
in polemische Kontroversen einmünden konnte, sodann auf<br />
die beiden Bände Triest bzw. Karst in der Reihe Europa Erlesen 22 . Daneben hat<br />
es freilich immer wieder Texte gegeben, die Triest eher als exotische Kulisse<br />
inszeniert haben wie z.B. der Kriminalroman Triestiner Morgen von Edith Kneifl<br />
(1995) oder Jörg Uwe Sauers „drei Metropolen des Wahnsinns“ durchlaufender<br />
ironisch verspielter Reiseroman Das Traumpaar (2001), in dem Triest einerseits<br />
„den Eindruck einer gewissen Weite vermittelt“, andererseits kein Ort zum<br />
Denken ist“, obwohl der Protagonist dann ständig auf historische Reminiszen-<br />
21 Vgl. Bachmann, Ingeborg, Malina, in: Dies., Werke, hrsg. v. Christine Koschel u.a., Bd. 3, München-<br />
Zürich 1978, 2. Aufl., 1982, 99.<br />
22 Triest Trst Trieste, hrsg. v. John Morrisey, Franz M. Rinner u. Claudia Strafner, Mödling-Wien 1992 u.a. mit<br />
Texten von Fulvio Tomizza, Virgilio Giotti <strong>und</strong> einem Abriss über die slowenische Literatur/Kultur Triests<br />
von Barbara Gruden <strong>und</strong> Miran Košuta, 108–114 bzw. „Trieste/Trst/Triest“, in: Lichtungen. Zeitschrift für<br />
Literatur, <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> Zeitkritik, Graz, Nr. 76/1998, 8–63. Ferner: Triest, hrsg. v. Susanne Gretter, Klagen-<br />
furt 1997 (Europa Erlesen) bzw. Karst, hrsg. v. Lojze Wieser, Klagenfurt 1997 (= Europa Erlesen), 2. Aufl.,<br />
2010.<br />
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