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EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...

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eine patriotische Haltung wurde, sondern auch für eine allzu erhabene Moral,<br />

die dazu neigte, sich <strong>und</strong> andere zu opfern. Ernestina Pellegrini hat von einem<br />

„Oberdan-Komplex“ der triestinischen Schriftsteller gesprochen, der sich – zu<br />

ihrem liebevollen Verdruss – auch bei denen findet, die sie deshalb am meisten<br />

liebt, weil sie sich selig dem Wasser der Donau <strong>und</strong> des Meeres hingeben<br />

können, dem Fluss des Lebens.<br />

Am Haus Nummer 59-61 der Via D’Annunzio erinnert ein Schild daran, dass<br />

der Dichter hier am 12. September 1919 „durchdrungen von heroischer Leidenschaft<br />

<strong>und</strong> Willenskraft“ dem „strahlenden Morgen“ des Marsches seiner<br />

Legionäre auf Fiume entgegensah. In Ronchi erinnert man sich vielleicht lieber<br />

an andere Persönlichkeiten, von Franz Joseph, der dieses Dörfchen 1912 zur<br />

borgata erhob <strong>und</strong> die kaiserliche Urk<strong>und</strong>e auf italienisch unterschrieb, bis hin<br />

zu Maestro Rodolfo Kubik, halb Tscheche <strong>und</strong> halb Bisiaco, der sich 1926 weigerte,<br />

die von ihm dirigierte Stadtkapelle das Faschistenlied Giovinezza spielen<br />

zu lassen, <strong>und</strong> der als antifaschistischer Flüchtling in Argentinien General San<br />

Martin, den Libertador mit einer Kantate ehrte. Ronchi hat D’Annunzio kein<br />

einziges Denkmal gesetzt, statt dessen errichteten, vielleicht als bösen Streich,<br />

die Einwohner Monfalcones ein solches nur wenige Schritte von dem Schloss<br />

entfernt, das die Grenze zwischen Ronchi <strong>und</strong> Monfalcone markiert.<br />

„Quis contra nos“, steht auf dem Denkmal. Wenige Jahre später sollten einige<br />

ehemalige Legionäre aus Fiume, auch mit der Waffe in der Hand, auf sich gegenüberliegenden<br />

Barrikaden beim Zusammenstoß von Faschisten <strong>und</strong> Antifaschisten<br />

gegeneinander antreten; zwanzig Jahre darauf sollten einige von<br />

ihnen Helden der Resistenza werden, wie Ercole Miani, den die Nazis folterten,<br />

ohne dass es ihnen gelang, auch nur ein Wort aus ihm herauszubringen,<br />

<strong>und</strong> Gabriele Foschiatti, der in einem Konzentrationslager starb. In Fiume<br />

stürzte D‘Annunzio das Restaurant „Lloyd“ in den Ruin, das der Familie von<br />

Marisa gehörte <strong>und</strong> in dem die Legionäre – wie sie in Wassergrün erzählt –<br />

kostenlos speisen durften. Ein Photo zeigt ihn, lächelnd <strong>und</strong> unbestreitbar<br />

sympathisch, inmitten unserer ganzen begeisterten Verwandtschaft.<br />

5.<br />

In Ronchi treffe ich mich mit Silvio Domini. Als Historiker, Sprachwissenschaftler<br />

<strong>und</strong> Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen verschiedenster Art – so auch<br />

als Mitautor eines mächtigen Phraseologischen Wörterbuchs des ‚bisiàc’-Dia-<br />

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