EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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Der Reindling <strong>und</strong> andere Namen<br />
Nach den Vorüberlegungen zu Alltäglichem <strong>und</strong> zu diesem besonderen Gebiet<br />
des hier beschriebenen Dreiländerecks möchte ich dieses Phänomen des Alltages<br />
anhand eines Beispiels genauer betrachten. Hierbei handelt es sich um<br />
eine kuchenartige Mehlspeise aus Germteig, traditionell mit Zimt, Zucker, Butter<br />
<strong>und</strong> Rosinen gefüllt <strong>und</strong> in einer Rein 10 (<strong>und</strong> da in Kärnten viele Dinge verkleinert<br />
werden: in einem Reindl) gebacken. Zumeist auch Kärntner Reindling<br />
genannt. Zwar das ganz Jahr über gebacken <strong>und</strong> verspeist, ist er bei jedem<br />
erdenklichen Festtag unabkömmlich. Hochkonjunktur des Reindlings ist allerdings<br />
Ostern – im gesamten Kärntner Raum ist ein Osterfest ohne dieses<br />
süße, r<strong>und</strong>e Gebäck <strong>und</strong>enkbar. Ob in der Kirche der althergebrachten Speisensegnung<br />
unterzogen oder säkular auf den traditionellen kirchlichen Ritus<br />
verzichtend, ob selbstgemacht oder aus dem Kaufhaus, zum Osterfleisch gibt<br />
es süßen Reindling. Die Kinder werden zu dem großen Kirchenfest von ihren<br />
Taufpaten ebenso mit diesem Gebäck, in welchem ein Silbertaler steckt, <strong>und</strong><br />
einem gefärbten (gesegneten) Ei beschenkt.<br />
Johann Weichard Freiherr von Valvasor, der 1689 in seinem vierbändigen Werk<br />
mit dem Titel „Die Ehre des Herzogthums Krain“ Land <strong>und</strong> Leute, Naturphänomene,<br />
Brauchtum, Historisches aber auch soziale Aspekte im Herzogtum<br />
Krain 11 beschrieb, berichtete ebenfalls von diesem besonderen Gebäck. In<br />
Oberkrain Pogatscha genannt, spielte dieses Brot vor allem bei der Hochzeit<br />
eine Rolle: „Wenn man also in Ober-Crain die Braut ins Bräutigams Haus führet;<br />
so reiten zween oder dren Gesellen auf schnellen Rossen so geschwind<br />
als ihnen möglich auf deß Bräutigams Haus zu um die Pogatschen oder Strünze<br />
(wie sie ein gewisses Brod nennen) zu holen.“ 12<br />
Pogača gibt es noch immer – ob es sich dabei um das slowenische Gegenstück<br />
zum Reindling handelt <strong>und</strong> in welcher Gegend diese vornehmlich verbreitet<br />
ist, dazu gibt es divergierende Aussagen. Behaupten einige, es gäbe<br />
kein entsprechendes Pendant zum Reindling in Slowenien, antworten andere<br />
sofort mit Zustimmung <strong>und</strong> der Bezeichnung Pogača. Allerdings bezeichnet<br />
10 Die Rein; die Reinen (Pl.), laut Duden süddeutsch <strong>und</strong> österreichisch umgangssprachlich gebraucht<br />
für flacher Kochtopf.<br />
11 Krain ist eine von fünf historischen Regionen Sloweniens.<br />
12 Valvasor, Johann Weichard Freiherr von, II. Band, Buch VI, 281.<br />
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