EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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(so der Pariser Anthropologe Marc Augé), die das Leben aus den gewachsenen<br />
Strukturen saugen: Abwanderung, Überalterung. Lemmingszüge durch die<br />
Wüsten der Arbeitslosigkeit. „Nicht-Orte“, die immer mehr Menschen zu vereinzelten,<br />
nicht bloß ökonomisch zu „asozialen” Benutzern machen: „sich<br />
selbst <strong>und</strong> einander fremd“, verb<strong>und</strong>en bloß „in der ängstlichen Erfahrung isolierter,<br />
leerer Existenz“. Orte, die uns Aufbrüche ohne Ankünfte zumuten,<br />
gleichsam Nietzsches Finale ins Nichts.<br />
Phänomene, die man nicht sehr präzis unter verschiedenen Begriffen wie<br />
„Rechtsradikalismus”, „Modernisierungsververlierer”, „Empörungsbewegung“,<br />
„Wutbürgertum“, „Verwahrlosungskohorte” oder anderen Etikettierungen <strong>und</strong><br />
Stig matisierungen bündelt, versteht nicht, wer nicht sieht, welches Motiv die<br />
im Einzelnen sehr heterogenen Gruppierungen verklammert: Soziale Angst <strong>und</strong><br />
gleichzeitig soziale Nahebedürfnisse sowie der verzweifelte Versuch, ökonomische<br />
Sicherheit im gegliederten begrenzten Raum zu behaupten.<br />
Auf die Forderung nach Kulturalität, Öffnung <strong>und</strong> universelle Verantwortung<br />
durch die Menschenrechte antworten zukunftsverunsicherte Menschen mit<br />
der Wiedererrichtung von Grenzen <strong>und</strong> Tabus. Dies ist ein rapid ansteigendes,<br />
gesamteuropäisches Problem: Wenn wir auf die Stichworte der Wertewandelforschung<br />
schauen, die auf Globalisierung, Beschleunigung, Virtualisierung reagieren,<br />
so bündeln sie genau jene Emotionen, die im Begriff Heimat enthalten<br />
sind. „Cocooning”, Geborgenheitsästhetik, Biotope der Vertrautheit, Sehnsucht<br />
nach authentischen Eindeutigkeiten <strong>und</strong> einer intakten Lebensatmosphäre. Gemäß<br />
einer vom SPIEGEL in Auftrag gegebenen Studie vom März 2012 gilt das<br />
für knapp 80 Prozent der Bevölkerung der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. Die<br />
Zahl dürfte zumindest auf Österreich analog übertragbar sein, vielleicht auch<br />
auf Slowenien. Überwältigend ist die Zustimmung zur Heimat als regionale<br />
Identität in Friaul-Venetien mit seinen spezifisch grenzüberschreitenden Identitätsformen.<br />
Die Rückbesinnung auf Heimat <strong>und</strong> Herkunft als geographischen Raum wird<br />
freilich dort für Europa politisch prekär, wo sie direkt oder indirekt auffordert,<br />
die Welt der „großen Politik” <strong>und</strong> der „großen Strukturen” zu verlassen. „Small<br />
is beautiful” statt „Europa als Einheit”. Dies birgt Gefahren für eine offene Zivilgesellschaft,<br />
die darauf angewiesen ist, dass ihre Mitglieder sich internationalisieren<br />
<strong>und</strong> globalisieren, sich der Weltgesellschaft öffnen. Also: Heimat sowohl<br />
als Präsentation kultureller Identität wie auch als Ort der Innovation <strong>und</strong> Aufklä-<br />
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