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EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...

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essere Lösung, denn sonst werde Österreich als ein „europäischer Naturschutzpark<br />

für vornehmen Verfall“ enden.<br />

Vielleicht ganz interessant in diesem Zusammenhang, dieses Zitat: „Österreich<br />

laufe Gefahr als ein europäischer Naturschutzpark für den vornehmen<br />

Verfall zu enden“, hat Gerhard Katschnig schon gestern verwendet. Er fand es<br />

im selben Buch wie ich, „Der Österreichische Mensch“ von William M. Johnston,<br />

Amerikaner mit altösterreichischen Wurzeln, der von der festen Überzeugung<br />

beseelt ist, das österreichische Habsburgerreich mit seinen Beamten<br />

habe unschätzbare Arbeit für den europäischen Geist geleistet.<br />

Für uns überzeugte Österreicher von heute hat dieser, der Musilsche Anschlussgedanke,<br />

etwas geradezu Empörendes. Damals allerdings, als Österreich<br />

vom Europa umspannenden Habsburgerreich zum Rest, der übrig blieb,<br />

schrumpfte (l’Autriche, c’est ce qui reste, wie es der französische Außenminister<br />

Clemenceau kalt formulierte), sahen viele Dichter, Denker <strong>und</strong> Politiker<br />

darin die einzige Chance für eine Zukunft. Was sich ein Deutsch-Schweizer<br />

oder ein Deutscher nicht vorzustellen vermag: Erst die Katastrophe des Ersten<br />

Weltkrieges zwang uns Österreicher dazu, über unsere Eigenart nachzudenken.<br />

Wie resümierte Friedrich Torberg so treffend: „Allein der Österreicher<br />

weiß nicht, wer er ist, ja ob er ist. Und es dünkt ihn bereits eine gewisse Leistung,<br />

wenigstens das zu wissen.“<br />

„Österreich ist ja noch nie formuliert worden, es hat keine Sprache, es kann<br />

sich nur durch Musik <strong>und</strong> die bildende <strong>Kunst</strong> oder unmittelbar durch die Tat<br />

verständigen“, so formulierte es der Wahl-Salzburger Hermann Bahr. Der Skeptiker<br />

Robert Musil beschrieb das Leiden des österreichischen Möglichkeitsmenschen<br />

an der Wirklichkeit.<br />

Der Schwärmer Hugo von Hofmannsthal hingegen schritt zur Tat. Er nutzte<br />

nicht weniger beeindruckend als Musil seine dichterischen Möglichkeiten, um<br />

Österreich ein neues Selbstbewusstsein zu geben. Österreich sollte zu einem<br />

Leuchtturm der gesamtdeutschen Kultur werden. Österreich sollte aber auch<br />

stolz sein auf die Jahrh<strong>und</strong>erte lang geleistete mitteleuropäische Vermittlungsarbeit.<br />

Hofmannsthal war überzeugt von der österreichischen Berufung zur<br />

kulturellen Synthese.<br />

Kultur als Versöhnungsversuch, Kultur als Friedensbringer, Kultur als Träger der<br />

Europa-Idee, ja, Kultur im österreichischen Fall vielleicht sogar als Staatsbewahrer.<br />

Denn es gibt ernstzunehmende historische Hinweise darauf, dass die<br />

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