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EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...

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genüber, um nach 1918 nicht mehr zurückzukehren, außer 1944 in ein faschistisches<br />

Lager, aus dem ihm allerdings die Flucht gelang.<br />

Dass sich von den biographischen Daten her eine Begegnung zwischen Slataper<br />

<strong>und</strong> Srečko Kosovel (1904–1926), der wohl faszinierendsten <strong>und</strong> bedeutendsten<br />

Gestalt aus dem slowenischen Hinterland Triests, aus Sežana, nicht<br />

ausgegangen ist, muss wohl zu den schicksalhaften Fügungen der Literaturgeschichte<br />

dieses Raumes gerechnet werden. Die beiden Dichter des Karstes,<br />

die beiden Avantgardisten, wohl auch Kometen, die viel zu früh verglühten,<br />

hätten sich viel zu sagen gehabt. L’altra anima di Trieste, wie Marija Pirjevec vor<br />

einigen Jahren (2008) ihre Anthologie über ein Jahrh<strong>und</strong>ert slowenischer Stimmen<br />

in der Stadt betitelt hat, – beide, Slataper wie Kosovel, haben früh die<br />

Problemlage erkannt, werkbiographisch verkörpert <strong>und</strong> fruchtbar gemacht. Insofern<br />

war diese polyphone ‚Doppelseele‘ längst Realität, selbst wenn deren<br />

Dimension innerhalb wie außerhalb Triests lange in Abrede gestellt wurde. 15<br />

Vorweg in Richtung Conclusio ist durchaus – <strong>und</strong> zwar anerkennend – festzuhalten,<br />

dass sich dies in der Gegenwart doch zu ändern scheint, dass nun auch<br />

Figuren wie Alojz Rebula <strong>und</strong> Boris Pahor als Stimmen Triests Anerkennung<br />

finden. Verändert, weil eine Reihe von Triestiner Dichtern <strong>und</strong> Intellektuellen<br />

seit den späten 1970er Jahren eine Bresche in diese ‚mondi’ bzw. ,scritture<br />

paralleli’ gemäß einem mittlerweile prominenten Buchtitel von Miran Košuta<br />

geschlagen haben 16 : Carolus L. Cergoly, Ferry Fölkel, Claudio Magris, Miran<br />

Košuta, Marco Kravos, Roberto Dedenaro sowie die – geradezu heroischen –<br />

Aktivisten <strong>und</strong> Aktivitäten r<strong>und</strong> um den Circolo 85, der gerade vor wenigen<br />

Tagen eine Präsentation der italienischen Ausgabe von Marco Sosič’ Buch Tito<br />

amor mio (Tito amor mijo, 2005) veranstaltet hat.<br />

Diese verzögerte, von Hindernissen umstellte Anerkennung der ‚anderen’ Anima<br />

erinnert mich an meine Herkunftsregion, an Kärnten, <strong>und</strong> muss wohl<br />

15 Vgl. dazu auch Campanile, Anna, The Torn Soul of a City: Trieste as a Center of Polyphonic Culture and<br />

Literature, in: Cornis-Pope, Marcel I. / Neubaur, John (ed.), History of the literary cultures of East-<br />

Central Europe. II: Juncutres and disjunctures in the 19th and 20th centuries, Amsterdam-Philadelphia<br />

2004, 145–161.<br />

16 Košuta, Miran, Scritture parallele. Dialoghi di frontiera, Trieste 1997, ein Buch, das auch als eine Antwort<br />

auf die quasi Ausblendung der slowenischen Literatur in: Ara, Angelo / Magris, Claudio, Trieste.<br />

Un’Identità di frontiera, Torino 1982 (dt. Ausgabe 1987) gedacht war, – eine Ausblendung, die ihm<br />

spätestens seit seinem Buch Microcosmi (Milano 1997) freilich nicht mehr zum Vorwurf gemacht<br />

werden kann.<br />

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