EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...
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über das, was sie getan, <strong>und</strong> fast erliegend unter der Last dessen, was sie tun<br />
müssen.“ 2<br />
Nicht nur der griechische Held steht am Scheideweg. Die Alternative, die sich<br />
ihm bietet, ist zunächst die zwischen einem mühelosen, schnell zu erreichenden,<br />
moralisch verwerflichen Weg <strong>und</strong> einem beschwerlichen, aber tugendhaften,<br />
langfristig beglückenden Lebensweg. Kein W<strong>und</strong>er, dass dieses Thema zu<br />
allen Zeiten nicht nur Schriftsteller inspiriert. Albrecht Dürer z.B. thematisiert in<br />
diesem Zusammenhang „Die Eifersucht oder Herkules am Scheideweg“ <strong>und</strong><br />
Angelika Kauffmann legt in ihrem „Selbstbildnis am Scheideweg zwischen<br />
Musik <strong>und</strong> Malerei“ den thematischen <strong>Schwerpunkt</strong> auf die Unentschiedenheit,<br />
die „zögerliche Attitüde“, das persönliche „Hin-<strong>und</strong>-her-gerissen-sein“ an<br />
den entscheidenden Wegkreuzungen des Lebens.<br />
Herakles entscheidet sich für den Weg der Tugend. Was aber ist es mit dieser<br />
Tugend? Kann man sich ein für alle Male für sie entscheiden <strong>und</strong> dann geruhsam<br />
ein geglücktes Leben führen? Ist der Mensch auf seinem Lebensweg<br />
nicht tagtäglich neu infrage- <strong>und</strong> vor neue Entscheidungen gestellt? Die Tugend<br />
scheint nicht der berechenbare Mittelwert zwischen Verzicht <strong>und</strong> Ekstase<br />
oder Vertröstung <strong>und</strong> Exzess zu sein. Tugend erfordert täglich neue Entscheidungen<br />
in Fragen von Anstand <strong>und</strong> Moral.<br />
Die immer noch nicht bewältigte Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftssituation zeigt das jeden<br />
Tag in drastischer Art <strong>und</strong> Weise. Sie ist nicht die schlimmste Krise, in der<br />
wir uns momentan befinden, sie ist nur die am deutlichsten sichtbare. Klimaerwärmung<br />
<strong>und</strong> Ressourcenknappheit erscheinen als viel bedrohlichere Szenarien.<br />
Aber alle drei scheinen aus einer gemeinsamen Wurzel gespeist zu<br />
sein: Die auf allen Ebenen vorhandene unstillbare Gier nach dem persönlichen<br />
Vorteil ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für den Rest der Gesellschaft!<br />
Diese „Hinter-mir-die-Sintflut-Strategie“ hat über Jahre <strong>und</strong> Jahrzehnte hindurch<br />
ohne ethische Orientierung die Gewinnmaximierung als ausschließliches<br />
Leitmotiv ihres Handelns betrachtet.<br />
„Verantwortung für das Gemeinwohl“ oder „Solidarität“ sind in diesem Kontext<br />
höchstens eine Vokabel für mild belächeltes Gutmenschentum. Trotzdem<br />
braucht alles, was Menschen mit Menschen <strong>und</strong> für Menschen tun, Orientie-<br />
2 Ebd. 176.<br />
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