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EUROPA NEU DENKEN - Schwerpunkt Wissenschaft und Kunst ...

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Diese Regel verlangt somit vor jeder konkreten Einzelentscheidung, dass sich<br />

ein Mensch in die Lage des oder der von ihr Betroffenen versetzen soll, um zu<br />

prüfen, ob er die Entscheidung auch dann gutheißen könnte, wenn ein anderer<br />

sie fällen würde <strong>und</strong> er dadurch unmittelbar oder mittelbar davon betroffen<br />

wäre.<br />

Die ,goldene Regel‘ ist nicht selber eine moralische Norm, sondern soll als<br />

Maßstab von moralischen Normen fungieren, d.h. sie schreibt nicht inhaltlich<br />

vor, was im Einzelnen getan werden soll; sie gebietet vielmehr rein formal, wie<br />

generell gehandelt werden muss, damit die Handlung als moralisch anerkannt<br />

werden kann.<br />

Wer aus moralischer Kompetenz moralisch handelt, vermag Rechenschaft abzulegen<br />

über die Gründe seines Tuns, wobei der letzte Gr<strong>und</strong> aller Gründe die<br />

Freiheit ist, die sich um der Freiheit aller willen an Normen <strong>und</strong> Werte bindet,<br />

durch die der größtmögliche Freiheitsspielraum ermöglicht wird. Moralisch<br />

kompetent ist der mündige Mensch, wenn er seine Entscheidungen nicht nur<br />

gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber seinen Mitmenschen zu verantworten<br />

vermag. Moralische Kompetenz <strong>und</strong> Verantwortung gehören deshalb<br />

untrennbar zusammen, sie sind die beiden Seiten einer Freiheit, die sich<br />

als ETHIK versteht. Freiheit im Sinne von ETHIK stellt sich freiwillig unter die<br />

Pflicht der Verantwortung <strong>und</strong> Rechtfertigung, denn auch, wenn der Mensch<br />

guten Willens ist <strong>und</strong> moralische Kompetenz besitzt, ist er nicht frei von Irrtum<br />

<strong>und</strong> Schuld. Wenn er sich aber die ETHIK zum Prinzip seines Handelns macht,<br />

bek<strong>und</strong>et er damit auch die Absicht, seine Handlungsstrukturen so durchsichtig<br />

wie möglich zu machen, um Irrtümern <strong>und</strong> Schuld möglichst wenig Raum<br />

zu geben.<br />

Die Notwendigkeit neuer Werte<br />

Dorothee Sölle ruft in ihrem kleinen Buch „Phantasie <strong>und</strong> Gehorsam“ 8 zur Pflege<br />

der Phantasie auf, welche sie als „Mutter aller Tugenden von morgen“ einer<br />

einseitigen <strong>und</strong> tödlichen Gehorsamsethik gegenüberstellt:<br />

7 Tobias 4, 16; Matth. 7, 12; Luk. 6, 31.<br />

8 Dorothee Sölle, Phantasie <strong>und</strong> Gehorsam, 3. Aufl., Stuttgart 1968.<br />

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