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JUSTIÇA NO EXTERIOR •<br />
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG (BL) • WIRTSCHAFT • 20/9/2011 • 11:10:00<br />
Schlappe für Chodorkowskij vor Menschengerichtshof: Richter erklären<br />
Yukos-Zerschlagung für rechtens<br />
Seit 2003 sitzt der Kremlkritiker Chodorkowskij in Haft. Sein Ölkonzern Yukos wurde<br />
zerschlagen. Der Unternehmer wirft der russischen Regierung politische Motive vor -<br />
und fordert gemeinsam mit weiteren Klägern 71 Milliarden Euro Schadenersatz. Vor<br />
dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben die ehemaligen Yukos-Eigner<br />
nun eine Niederlage erlitten. Trotzdem muss sich Russland rügen lassen.<br />
Als politischer Aktivist vertrat<br />
Michail Chodorkowskij<br />
meist prowestliche Positionen<br />
- notfalls legte er sich<br />
dafür mit den Mächtigen<br />
seines Landes an. Doch die<br />
westlichen Institutionen sind<br />
dem inhaftierten Ex-Manager<br />
des Ölkonzerns Yukos und<br />
seinen ehemaligen Kollegen<br />
keine große Hilfe: Der<br />
Europäische Gerichtshof für<br />
Menschenrechte (EGMR)<br />
hält das Vorgehen Russlands<br />
gegen Yukos insgesamt für<br />
rechtens - mit einigen<br />
Einschränkungen.<br />
Die Steuerschulden des ehemals<br />
größten russischen<br />
Ölunternehmens seien "das<br />
Ergebnis legitimer Verfahren<br />
der russischen Regierung, um<br />
der Steuerhinterziehung des<br />
Unternehmens entgegenzutreten",<br />
heißt es in dem<br />
Straßburger Urteil. Damit<br />
wies der Gerichtshof die<br />
Vorwürfe der früheren Yukos-Eigentümer<br />
über einen<br />
politischen Hintergrund der<br />
Steuerverfahren zurück. Sie<br />
hatten Russland beschuldigt,<br />
das Unternehmen in den Ruin<br />
getrieben zu haben, um es<br />
zu zerschlagen.<br />
Die EGMR-Richter urteilten<br />
nun: Es gebe keine Hinweise,<br />
dass "Russland diese Steuerverfahren<br />
gegen Yukos dazu<br />
missbraucht hätte, um Yukos<br />
zu zerstören und alle Aktiva<br />
des Konzerns unter seine<br />
Kontrolle zu bringen".<br />
Firmengründer Michail Chodorkowskij<br />
war in den neunziger<br />
Jahren dank Yukos zu<br />
einem der reichsten Männer<br />
Russlands aufgestiegen. Er<br />
engagierte sich für liberale<br />
Politik und gegen den<br />
späteren Präsidenten Wladimir<br />
Putin. In mehreren Prozessen<br />
wurde er wegen Steuerhinterziehung,<br />
Betrugs und<br />
Geldwäsche verurteilt. Seit<br />
2003 sitzt er im Gefängnis,<br />
von wo aus er für eine Zeitung<br />
schreibt. Der 48-Jährige<br />
sieht die Vorwürfe der Justiz<br />
gegen ihn als politisch motiviert<br />
an. Die Verfahren wurden<br />
auch international kritisiert.<br />
Das russische Justizministerium<br />
begrüßte das Urteil:<br />
"Das Gericht hat die Anschuldigungen<br />
an die Adresse<br />
Russlands, dass die Verfolgung<br />
von Yukos politisch<br />
motiviert und repressiv gewesen<br />
war, vollständig abgelehnt<br />
- ebenso eine angebliche<br />
Diskriminierung durch<br />
die russische Regierung."<br />
Und doch ist es zumindest<br />
ein kleiner Punktsieg für die<br />
ehemaligen Yukos-Eigner<br />
um Chodorkowskij: Die Richter<br />
beanstandeten nämlich<br />
Grundrechtsverletzungen bei<br />
den Steuerverfahren gegen<br />
den Konzern. Sie rügten die<br />
frühen Steuerverfahren gegen<br />
Yukos für die Jahre 2000 bis<br />
2003, die Berechnung der<br />
Strafgelder und die darauf<br />
folgenden Vollstreckungsverfahren.<br />
Auch habe die<br />
Konzernleitung nicht genügend<br />
Zeit gehabt, sich auf<br />
das Verfahren vorzubereiten.<br />
Mit diesem Vorgehen habe<br />
Russland die Grundrechte<br />
auf einen fairen Prozess und<br />
den Schutz des Eigentums<br />
verstoßen.<br />
In den Yukos-Verfahren geht<br />
es um viel Geld: Die Unternehmer-Anwälte<br />
fordern 71<br />
Milliarden Euro. Die Richten<br />
äußerten sich dazu jedoch<br />
noch nicht. Wann über diese<br />
Frage entschieden wird, ist<br />
einer Sprecherin zufolge noch<br />
nicht absehbar.<br />
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