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C.I. 4.350.261<br />
JUSTIÇA NO EXTERIOR •<br />
FRANKSURTER ALLGEMEINE (BL) • WIRTSCHAF • 16/9/2011 • 18:44:50<br />
Rettungspolitik: Merkels Geheimnis<br />
In der Bevölkerung ist das Misstrauen an Angela Merkels Krisenmanagement sprunghaft<br />
gestiegen. Eine überwältigende Mehrheit lehnt weitere Hilfen für Griechenland oder andere<br />
Schuldner ab. Will die Kanzlerin den Umbau der Währungsunion zur Transferunion?<br />
Von Holger Steltzner<br />
Eine Insolvenz Griechenlands<br />
überrascht den Markt<br />
so wenig wie das Dominospiel<br />
mit anderen Wackelkandidaten,<br />
wie die Kurse der<br />
Staatsanleihen aus Südeuropa<br />
zeigen. Statt Marktpreise zur<br />
Kenntnis zu nehmen, benutzt<br />
die deutsche Einheitsrettungsfront<br />
den ihr unbekannten<br />
und unheimlichen Markt<br />
zu politischen und medialen<br />
Spielchen. Der Vorwurf, der<br />
FDP-Vorsitzende Philipp<br />
Rösler erschüttere mit dem<br />
Gerede über die Insolvenz<br />
Griechenlands die Märkte, ist<br />
lächerlich. Dies nicht nur,<br />
weil mit der Pleite gerechnet<br />
wird, sondern auch, weil der<br />
deutsche Wirtschaftsminister<br />
am Markt ein Leichtgewicht<br />
ist.<br />
Es ist das Geheimnis der<br />
Kanzlerin, warum sie das<br />
Gezänk der schwarz-gelben<br />
Koalition befeuert. Will sie<br />
der FDP Wähler zutreiben?<br />
Will sie den fliegenden Wechsel<br />
zur großen Krisenkoalition?<br />
Und/Oder will sie den<br />
Umbau der Währungsunion<br />
zur Transferunion? Jedenfalls<br />
wächst in der Bevölkerung<br />
das Misstrauen an Angela<br />
Merkels Krisenmanagement<br />
sprunghaft.<br />
Eine<br />
überwältigende Mehrheit<br />
lehnt weitere Hilfen für Griechenland<br />
oder andere S-<br />
chuldner ab. Jetzt melden<br />
sich führende Ökonomen zu<br />
Wort und kritisieren Merkels<br />
Versuch, „ein regierungsamtliches<br />
Denkverbot erlassen<br />
zu wollen“. Nur das Risiko<br />
einer Staatsinsolvenz könne<br />
die Mittelmeerstaaten dazu<br />
bewegen, ihre Staatshaushalte<br />
zu konsolidieren. Wenn<br />
Teile der Bundesregierung<br />
eine Transferunion wünschten,<br />
sollten sie das offen<br />
aussprechen. Eine solche<br />
Umdeutung der europäischen<br />
Verfassung bedürfe der Legitimation<br />
durch Wahlen<br />
zum Bundestag, stellen die<br />
Ökonomen zu Recht fest.<br />
Je weiter Worte und Taten<br />
auseinanderlaufen, umso<br />
tiefer sackt das Vertrauen in<br />
diese Regierung. Zwei kleine<br />
aktuelle Beispiele hierfür:<br />
Der Kompromiss zum<br />
Stabilitätspakt wird den<br />
Deutschen wahrheitswidrig<br />
als automatisch wirkend verkauft.<br />
Außerdem ist offenbar<br />
doch geplant, gegen<br />
Überschussländer vorzugehen.<br />
Wenn in Euroland künftig<br />
Wettbewerbskraft bestraft<br />
wird, freut sich die globale<br />
Konkurrenz.<br />
Nicht einmal im Bundestag,<br />
der in der nächsten Woche<br />
über die Aufstockung der<br />
deutschen Bürgschaften von<br />
123 auf 211 Milliarden Euro<br />
abstimmen soll, wird die<br />
ganze Wahrheit gesagt. Finanzminister<br />
Wolfgang<br />
Schäuble redete verschwurbelt<br />
von Zinsen, meinte aber<br />
den Puffer, als er „manche“<br />
zitierend von bis zu 250 Milliarden<br />
Euro sprach. In Tat<br />
und Wahrheit haftet Deutschland<br />
mit bis zu 400 Milliarden<br />
Euro, wenn man 3,5 Prozent<br />
Zinsen und 30 Jahre<br />
Laufzeit einrechnet. Auch<br />
das muss der Abgeordnete<br />
erst in der Zeitung lesen.<br />
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