STF NA MÍDIA
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Integration ist die Sprache.<br />
Es muss von deutscher Seite<br />
auch sichergestellt werden,<br />
dass die deutsche Sprache<br />
von den Einwanderern in<br />
optimaler Weise erlernt werden<br />
kann. Nehmen wir den<br />
Fall eines Einwanderers mit<br />
muslimisch-türkischem Hintergrund,<br />
der sich bemüht,<br />
die Sprache zu erlernen. Dabei<br />
muss er von deutschen<br />
Behörden dann auch unterstützt<br />
werden. Ohne gemeinsame<br />
Sprache gibt es keine<br />
erfolgreiche Integration. Unterschiedliche<br />
Kulturen und<br />
Religionszugehörigkeiten<br />
kann es geben, aber die<br />
Grundlage des Zusammenlebens<br />
muss eine gemeinsame<br />
Sprache sein. Ein Türke, der<br />
akzentfrei Deutsch spricht,<br />
kann einen maximalen Beitrag<br />
zur Entwicklung der<br />
deutschen Gesellschaft leisten.<br />
Das muss das Ziel sein.<br />
Wenn der türkische<br />
Ministerpräsident Erdogan in<br />
Deutschland lebende Türken<br />
als „meine Bürger“ bezeichnet,<br />
wenn er Assimilation mit<br />
Völkermord vergleicht, s-<br />
chafft das in der deutschen<br />
Öffentlichkeit Verunsicherung<br />
und Angst. Haben Sie<br />
Verständnis dafür?<br />
Man darf nicht missverstehen,<br />
was der<br />
Ministerpräsident gesagt hat.<br />
Von den drei Millionen in<br />
Deutschland lebenden Türken<br />
besitzt ungefähr eine<br />
Million die deutsche<br />
Staatsangehörigkeit. Die anderen<br />
sind türkische Staatsbürger,<br />
sie wählen auch in<br />
der Türkei. Was der<br />
Ministerpräsident in Deutschland<br />
gesagt hat, sollte die<br />
Verbindung dieser Menschen<br />
mit der Türkei auffrischen<br />
und stärken. Das ist eher eine<br />
Aussage zur herzlichen Verbindung<br />
dieser Menschen mit<br />
der Türkei, und daran ist nichts<br />
Falsches. Es bedeutet<br />
nicht, dass man Deutschland,<br />
dem Land, in dem man lebt,<br />
keine Loyalität entgegenbringen<br />
solle.<br />
Sie haben Deutschland als<br />
Lokomotive Europas bezeichnet.<br />
An solchen Lokomotiven<br />
mangelt es Europa. Ist<br />
die Türkei überhaupt noch<br />
daran interessiert, Teil des<br />
europäischen Zuges zu werden?<br />
Die Beziehungen der Türkei<br />
zur EU unterliegen nicht den<br />
konjunkturellen Schwankungen<br />
des Wirtschaftslebens.<br />
Die EU-Vollmitgliedschaft<br />
ist ein erklärtes strategisches<br />
Ziel der Türkei. Dieses Ziel<br />
möchte die Türkei im Rahmen<br />
ihrer Beitrittsverhandlungen<br />
mit der EU erreichen.<br />
Wenn wir dann soweit<br />
sind und der Europäische Rat<br />
feststellt, dass der Tag gekommen<br />
ist und die Türkei<br />
alle Bedingungen erfüllt,<br />
wird es natürlich noch Referenden<br />
in einzelnen Staaten<br />
geben. Wie die<br />
Bevölkerungen dieser Staaten<br />
entscheiden werden, lässt<br />
sich jetzt noch nicht sagen.<br />
Aber selbstverständlich werden<br />
wir das Ergebnis respektieren.<br />
Doch zuvor werden<br />
wir alles tun, was wir tun<br />
müssen, um der EU beitreten<br />
zu können.<br />
Die Türkei ist selbst eine<br />
starke Lokomotive, ihre<br />
Wirtschaft wächst seit Jahren<br />
im Rekordtempo, zuletzt im<br />
ersten Halbjahr 2011 um 10<br />
Prozent. Woran liegt das?<br />
Im Jahr 2001 hat die Türkei<br />
eine schwere Wirtschaftsund<br />
Bankenkrise erlebt. Daraus<br />
hat sie Lehren gezogen.<br />
Im Finanzsektor und in der<br />
Wirtschaft gab es viele S-<br />
trukturreformen, damit sich<br />
die Schwierigkeiten nicht<br />
wiederholen. Die Türkei hat<br />
sich gewappnet gegen Risiken,<br />
Gefahren und Schockwellen,<br />
die von außen kommen<br />
können. Die Haushaltsdefizite<br />
der Vergangenheit<br />
gibt es nicht mehr, auch die<br />
chronische Inflation haben<br />
wir besiegt, wir haben die<br />
Zinsen gesenkt. In der EU<br />
hingegen sehen wir heute<br />
genau unsere früheren Schwierigkeiten:<br />
Hohe Haushaltsdefizite,<br />
eine hohe S-<br />
chuldenlast, eine Verletzung<br />
der Maastricht-Kriterien.<br />
Europa kann wichtige Entscheidungen<br />
oft nicht fristgerecht<br />
treffen. Da steht die<br />
Türkei besser da. Bei der<br />
Schuldenhöhe und dem Budgetdefizit<br />
erfüllen wir die<br />
Maastrichter Kriterien. Die<br />
türkische Regierung kann<br />
schnell handeln. Wir müssen<br />
aber weitere Maßnahmen<br />
ergreifen, und das tun wir<br />
auch.<br />
Sollte die Türkei tatsächlich<br />
der EU beitreten, wäre sie<br />
zumindest formal nur eines<br />
von 29 oder mehr Clubmitgliedern,<br />
die sich untereinander<br />
abstimmen müssen. Lässt<br />
sich das mit den Ambitionen<br />
Ihres Landes überhaupt vereinbaren?<br />
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